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Festung Europa

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Mitwirkungsrechte der deutschen Länder<br />

führt, das die Europäische Union in Bereiche eingreift,<br />

die innerstaatlich in der Zuständigkeit der<br />

deutschen Länder liegen, ohne dass diese an den entsprechenden<br />

Gesetzgebungsverfahren auf EU-Ebene<br />

beteiligt sind. Aus diesem Grund forderten die<br />

Länder eine innerstaatliche Kompensation für die<br />

schleichende Erosion ihrer Befugnisse. Die innerstaatliche<br />

Mitwirkung in EU-Angelegenheiten ist<br />

seit Ende 1993 neu geregelt und hat durch eine<br />

Grundrechtsänderung Verfassungsrang erhalten.<br />

Artikel 23 GG, das Gesetz über die �Zusammenarbeit<br />

von Bund und Ländern in Angelegenheiten der<br />

Europäischen Union (EUZBLG) als Ausführungsgesetz<br />

sowie eine ergänzende �Bund-Länder-Vereinbarung<br />

regeln die Verfahren der Ländermitwirkung<br />

in EU-Angelegenheiten. Dabei ist – je nach Zuständigkeit<br />

– ein abgestuftes Verfahren der Ländermitwirkung<br />

vorgesehen. In den Fällen, in denen ausschließliche<br />

Länderkompetenzen (insbes. Bildung,<br />

Kultur), die Verwaltungsstrukturen oder -verfahren<br />

der Länder schwerpunktmäßig betroffen sind, ist die<br />

Stellungnahme des Deutschen Bundesrates für die<br />

Bundesregierung bindend. Sie kann von dieser Position<br />

nur aus unabweisbaren integrationspolitischen<br />

Gründen abweichen. In den übrigen Fällen kann die<br />

Bundesregierung bei den Verhandlungen in Brüssel<br />

die Position des Bundesrats berücksichtigen, sie ist<br />

jedoch nicht dazu verpflichtet.<br />

2. Entstehungsgeschichte: Die Sorge vor einer Aushöhlung<br />

der Eigenstaatlichkeit der Bundesländer<br />

durch wachsende Kompetenzverlagerungen auf<br />

EU-Ebene hat die Länder veranlasst, seit Gründung<br />

der EWG auf Beteiligungsmechanismen zu drängen,<br />

die eine ausreichende Berücksichtigung der LänderinteressenbeiEU-Entscheidungensicherstellen.Zunächst<br />

wurden die Länder durch die Bundesregierung<br />

über anhängige Gesetzgebungsverfahren lediglich<br />

unterrichtet (�Länderbeobachter). In der Zwischenzeit<br />

sind die Mitwirkungsformen schrittweise<br />

zu echten Mitentscheidungsbefugnissen ausgebaut<br />

worden. Im Zuge der innerstaatlichen Ratifizierung<br />

des Vertrages über die Europäische Union von Dezember<br />

1992 ist – auf politischen Druck der Länder –<br />

zugleich auch ein umfangreiches Gesetzgebungspaket<br />

verabschiedet worden, das die Ländermitwirkung<br />

regelt. Durch einen eigenen „<strong>Europa</strong>-Artikel“<br />

im Grundgesetz (Art. 23) haben die Mitwirkungsrechte<br />

der Länder Verfassungsrang erhalten. Ein<br />

Ausführungsgesetz sowie eine Bund-Länder-Ver-<br />

546<br />

einbarung regeln weitere Details der praktischen<br />

Mitwirkungsverfahren. Politisches Ziel der Länder<br />

ist, einer Entwicklung entgegenzutreten, die innerstaatlich<br />

im Verhältnis Bund–Länder dazu führt,<br />

dass – mit Ausnahme weniger Sachgebiete – die Gesetzgebungstätigkeit<br />

weitgehend auf den Bund übergeht.<br />

Zentralisierungstendenzen werden weiter dadurch<br />

begünstigt, dass die überwiegende Zahl der<br />

EU-Mitgliedstaten nicht föderal organisiert ist und<br />

EU-weite Regelungen von Verwaltungsverfahren<br />

somit nicht als Eingriffe in das innerstaatliche Kompetenzgefüge<br />

wahrgenommen werden.<br />

3. Arbeitsweise: Die Mitwirkung der Länder in EU-<br />

Angelegenheiten erfolgt durch den Bundesrat. Gesetzgebungsvorhaben<br />

der EU werden dem Bundesrat<br />

zugeleitet, in den sachlich betroffenen Fachausschüssen<br />

beraten und anschließend vom Bundesratsplenum<br />

beschlossen. In Eilfällen, in denen eine<br />

rechtzeitige Beschlussfassung wegen des Verhandlungsgangs<br />

in Brüssel nicht durch das Bundesratsplenum<br />

erfolgen kann, wird durch die Einberufung<br />

der �<strong>Europa</strong>kammer ein verkürztes Bundesratsverfahren<br />

möglich. Durch die neuen Mitwirkungsrechte,<br />

insbes. in den Bereichen der ausschließlichen Gesetzgebungszuständigkeit<br />

der Länder, ist ein Vertreter<br />

des Bundesrates auf Ministerebene in den entsprechenden<br />

Ratstagungen der EU vertreten. Sie haben<br />

den Auftrag, dort zu verhandeln, den Bundesrat<br />

über die aktuellen Entwicklungen zu unterrichten<br />

und ggf. eine erneute Bundesratsbefassung anzuregen.<br />

Weiterhin nehmen Vertreter der Länder an den<br />

wöchentlichen Weisungssitzungen der Bundesressorts<br />

teil, in denen die deutschen Verhandlungspositionen<br />

für Brüssel abgestimmt werden. Weitere Instrumente<br />

der Ländermitwirkung – unterhalb der<br />

Schwelle gesetzlicher Mitentscheidungsrechte –<br />

sind der �Ausschuss der Regionen sowie die in BrüsselansässigenVertretungenbzw.Verbindungsbüros<br />

der deutschen Länder bei der EU. Nach den ursprünglichen<br />

Vorstellungen der Länder sollte der<br />

Ausschuss der Regionen schrittweise zu einem echten<br />

Mitentscheidungsorgan im EU-Institutionengefüge<br />

ausgebaut werden. Im �Vertrag von Amsterdam<br />

sowie dem Vertrag von Nizza ist es gelungen,<br />

partielle Verbesserungen – etwa die Ausweitung der<br />

obligatorischen Befassung und die Schaffung eines<br />

eigenständigen administrativen Unterbaus – zu erreichen.<br />

Mit dem Nizza-Vertrag ist insbes. auch der<br />

politische Charakter des AdR gestärkt worden. Seit-

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