10.09.2012 Aufrufe

Festung Europa

Festung Europa

Festung Europa

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Der größte Teil der grenzüberschreitend tätigen Unternehmen<br />

ist in der Rechtsform einer Gesellschaft<br />

organisiert. Obwohl alle Mitgliedstaaten grundsätzlich<br />

ähnliche Gesellschaftsformen wie Aktiengesellschaft,<br />

GmbH, Kommanditgesellschaft oder OHG<br />

anbieten, bestehen doch im Detail große Unterschiede,<br />

was das Stammkapital, die Form der Gründung,<br />

die Anzahl der Mitglieder, die Fragen der Registrierung<br />

und öffentlich zu machenden Informationen angeht.<br />

Dies bringt nicht allein Probleme für Gesellschaften<br />

mit sich, grenzüberschreitend tätig zu sein,<br />

sondernvorallemauchmultinationaleUnternehmen<br />

oder Projekte zu gründen. Im Interesse von Gläubigern<br />

und Anteilseignern ist eine Angleichung notwendig,<br />

weil der Schutz in den Mitgliedstaaten unterschiedlich<br />

geregelt ist.<br />

2. Gegenwärtiger Stand des Gesellschaftsrechts in<br />

der EU<br />

2.1 Vorschriften: Der EG-Vertrag schreibt in Art. 48<br />

vor, dass bezüglich des Niederlassungsrechts GesellschaftennatürlichenPersonengleichstehen.Dies<br />

bedeutet nicht, dass Gesellschaften ihren Sitz ohne<br />

Behinderungen von einem Mitgliedstaat in einen anderen<br />

verlegen können.<br />

2.2 Rechtsetzung: Auf vier Arten versucht die EU,<br />

die Probleme, die durch unterschiedliches Gesellschaftsrecht<br />

entstehen, zu regeln:<br />

a) gegenseitige Anerkennung (vgl. Art. 293, 3. Spiegelstr.<br />

EGV),<br />

b) Rechtsangleichung (z. B. durch Richtlinien),<br />

c) Schaffung europa-einheitlicher Gesellschaftsformen,<br />

d) Rechtsprechung des EuGH.<br />

Zu a) Ein Übereinkommen über die gegenseitige Anerkennung<br />

von Gesellschaften und juristischen Personen<br />

(Bull. 2-1969, S. 7 – 14) wurde noch nicht von<br />

allen Mitgliedstaaten ratifiziert, weshalb es derzeit<br />

nicht in Kraft ist.<br />

Zu b) Ziel der Harmonisierung des Gesellschaftsrechts<br />

durch Richtlinien ist es, die nationalen Vorschriften<br />

zur Regelung des Gesellschaftsrechts in<br />

wichtigenPunktenanzugleichen.EinigeBeispiele:<br />

Die1.Richtlinie,die„Publizitätsrichtlinie“vom9.3.<br />

1968 (68/151, ABl. L 65/1968, geändert durch<br />

2003/58) betrifft alle Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaft,<br />

GmbH, Kommanditgesellschaft auf<br />

Aktien). Sie legt bestimmte Offenlegungspflichten<br />

für diese Gesellschaften fest. Sie wurde erweitert<br />

durch die 11. Richtlinie vom 21. 12. 1989 über die<br />

Gesellschaftsrecht<br />

Publizitätspflicht von Zweigniederlassungen (89/<br />

666).<br />

Die 2. Richtlinie, die Kapitalrichtlinie vom 13. 12.<br />

1976 (77/91, ABl. L 25/1977), enthält Vorschriften<br />

über ein Mindestkapital der Aktiengesellschaften<br />

beiderGründungsowiezurErhaltungundÄnderung<br />

des Kapitals.<br />

Die 3. Richtlinie, die „Fusionsrichtlinie“ (78/855,<br />

ABl. L 295/1977)), beschäftigt sich mit dem SonderfallderVerschmelzungmehrererAktiengesellschaften<br />

zu einer AG.<br />

Die 4. Richtlinie, die „Bilanzrichtlinie“ vom 25. 7.<br />

1978 (78/660, ABl. L 222/1978)), ist wohl die RegelungmitdenweitestgehendenAuswirkungenaufdas<br />

nationale Gesellschaftsrecht. Durch die Richtlinie<br />

soll erreicht werden, dass die Jahresabschlüsse in der<br />

gesamten EU nach einheitlichen Grundsätzen und<br />

Bestimmungen erfolgen.<br />

Im Zusammenhang damit ist die 7. Richtlinie vom<br />

13. 6.1983 zu sehen (83/349, ABl. L 193/1983), die<br />

Regelungen über den konsolidierten Abschluss von<br />

Konzernen aufstellt, und die 8. Richtlinie vom 10. 4.<br />

1984 (84/253, ABl. L 126/1984), die die Angleichung<br />

des Rechts der Befähigung von Wirtschaftsprüfern<br />

vorsieht.<br />

Die 6. Richtlinie vom 17.12.1982 (82/891, ABl. L<br />

378/1982) betrifft die Spaltung von Aktiengesellschaften,<br />

was in Deutschland keine praktische Bedeutung<br />

hat.<br />

Ebenso verhält es sich mit der 12. Richtlinie vom 21.<br />

12. 1989 (89/667, ABl. L 395/1989), die verbindlich<br />

festlegt, dass die Mitgliedstaaten die Gründung einer<br />

Ein-Mann-GmbH ermöglichen müssen, falls sie einem<br />

Kaufmann keine andere Möglichkeit zur Gründung<br />

eines Unternehmens mit beschränkter Haftung<br />

gewähren.<br />

Die jüngste Richtlinie zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts<br />

ist die �Übernahmerichtlinie vom 21.<br />

4. 2004 (2004/25, ABL. L 142/2004), die bis zum 20.<br />

5. 2006 von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden<br />

muss.<br />

Außerdem liegt derzeit ein Vorschlag für eine Richtlinie<br />

auf dem Tisch, die die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften<br />

innerhalb der EU, die durch die<br />

unterschiedlichen innerstaatlichen Regelungen erschwert<br />

wird, erleichtern soll. Die Richtlinie soll vor<br />

allem kleinen und mittleren Kapitalgesellschaften<br />

helfen, die über ihren eigenen Mitgliedstaat hinaus<br />

tätig sein wollen, nicht aber unionsweit und deshalb<br />

399

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!