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Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück

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Export von Arbeitskräften als Entwicklungsstrategie?<br />

aktive philippinische Organisationen oder Einzelpersonen geehrt werden, die<br />

sich für die Belange von ArbeitsmigrantInnen und für die Diaspora einsetzen.<br />

Es findet hiermit eine Anerkennung der ökonomischen Bedeutung von<br />

Migration für die Stabilität des Landes und für die staatlichen Modernisierungs-<br />

und Entwicklungsprojekte statt. Zugleich werden sie als elementarer,<br />

wenn nicht gar privilegierter Bestandteil der nationalen Gemeinschaft bestätigt<br />

und nicht an deren unsicheren Rand verbannt. »Hailed by the state as the<br />

›new national heroes‹ of the Philippines, migrant workers have come to be<br />

important to the Philippine economy and national imaginary; an icon of the<br />

Philippines’ export-oriented development«. 18<br />

Diese Erzählung der neuen HeldInnen, die in dieser Form bis in die<br />

1990er Jahre im staatlichen Diskurs dominant war, geriet jedoch zunehmend<br />

deutlich in Konflikt mit der Beschreibung einer ganz anderen Realität. Anders<br />

als der Diskurs der neuen HeldInnen (als aktive Pioniere der ökonomischen<br />

Entwicklung, der Demokratisierung und des Aufstiegs der Philippinen)<br />

nahelegt, nahmen von den Rändern her Erzählungen darüber zu, dass<br />

Arbeitsmigration nicht nur das Versprechen sozialen Aufstiegs beinhaltet.<br />

Der Diskurs der neuen HeldInnen prallt nicht selten mit der Beschreibung<br />

ganz anderer Realitäten zusammen: mit extremer Ausbeutung, prekären Lebensbedingungen<br />

und Gewalt, die das Bild des Heldentums leicht ins Martyrium<br />

umschlagen lassen und neben die Erzählung der HeldInnen eine wirkmächtige<br />

Erzählung der Opfer stellen.<br />

Sehr deutlich artikulierte sich dies in Situationen, in denen der philippinische<br />

Staat als unfähig erschien, die Rechte seiner im Ausland arbeitenden<br />

StaatsbürgerInnen zu vertreten, also in Situationen, in denen sich die ökonomische<br />

und politische Position der Philippinen – sowohl des Staates als<br />

auch seiner Bevölkerung – im internationalen Rahmen als schwach erwies.<br />

Insbesondere 1995 wurde dies zu einem äußerst intensiv diskutierten Thema<br />

in der Öffentlichkeit. Der Auslöser war die Verurteilung und Hinrichtung<br />

der philippinischen Arbeitsmigrantin Flor Contemplacion in Singapur. Die<br />

seit 1988 in Singapur als Hausangestellte lebende Contemplacion wurde des<br />

zweifachen Mordes – an einer philippinischen Hausangestellten und einem<br />

vierjährigen Kind – schuldig gesprochen und 1995 hingerichtet. 19 Gegen dieses<br />

Urteil wandte sich eine breite Öffentlichkeit, und ihre Hinrichtung war<br />

wochenlang das alles beherrschende Thema in den Medien. Flor Contemplacion,<br />

deren Geschichte bereits innerhalb weniger Jahre dreifach verfilmt<br />

worden war, wurde zum Symbol für Ausbeutung und Leid von Millionen<br />

18 Rodriguez, Migrant Heroes: Nationalism, Citizenship and the Politics of Filipino Migrant<br />

Labor, S. 3<strong>42</strong>.<br />

19 Bert Becker/Jürgen Rüland/Nikolaus Werz (Hg.), Mythos Mittelschichten. Zur<br />

Wiederkehr eines Paradigmas der Demokratieforschung, Bonn 1999.<br />

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