Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück
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Boris Michel<br />
Ams‹ in den USA gemein. Aber gerade Letztere sind im offiziellen Diskurs<br />
zum neuen Leitbild moderner, flexibler und (selbst)unternehmerischer philippinischer<br />
StaatsbürgerInnen avanciert.<br />
Diese nicht oder nur zum Teil im Land lebenden StaatsbürgerInnen haben<br />
einen erheblichen Einfluss auf die ökonomischen, politischen und sozialen<br />
Entwicklungen der Philippinen. Rücküberweisungen machten 2009 mit<br />
gut 17 Milliarden US-Dollar mehr als ein Zehntel des Bruttoinlandsprodukts<br />
aus und liegen damit etwa beim fünfzehnfachen der ausländischen Direktinvestitionen.<br />
7 Die jährlichen Wachstumsraten der Rücküberweisungen liegen<br />
seit den 1980er Jahren in der Regel deutlich über 10%, und das auch in Situationen<br />
wie der Asienkrise Ende der 1990er Jahre oder der jüngsten Finanzkrise.<br />
Rücküberweisungen sind für die Deviseneinnahmen des Landes zudem<br />
bedeutsamer als jedes andere Exportgut und bilden eine zentrale Stütze der<br />
Binnennachfrage. Gut die Hälfte dieser Überweisungen hat ihren Ursprung<br />
in der Arbeitsmigration in die USA. 8<br />
Die damit verbundene politische, soziale und ökonomische Bedeutung<br />
von Migration hat Konsequenzen für den politischen Umgang mit dieser.<br />
Zentral scheint dabei die Rolle zu sein, die der Staat bei der Regulation und<br />
dem Management von Migration seit den 1970er Jahren spielt. Handelte es<br />
sich bis dahin in erster Linie um private und durch Familiennetzwerke organisierte<br />
Wanderung, wurde ab den 1970er Jahren, aus verschiedenen internen<br />
und externen Gründen, der Staat zu einem der zentralen Akteure und<br />
zum aktiven Beförderer der Arbeitsmigration. Seit den 1980er Jahren sind<br />
staatliche Politiken der Philippinen geprägt von Bemühungen, Migration als<br />
Entwicklungsstrategie zu fördern und managen. Gleichzeitig ist der Staat bestrebt,<br />
jene durch Migration entstehenden Destabilisierungen der Bindungen<br />
an die Philippinen zu regulieren und die transnationalen MigrantInnen symbolisch<br />
und politisch in die Nation zu reintegrieren. Dies geschieht einerseits<br />
über Diskurse und Praktiken des alltäglichen Nation-Machens und der beständigen<br />
(Wieder)Erfindung von Nation 9 , die eine neue nationale Erzählung<br />
generieren, in der MigrantInnen eine zentrale Stellung einnehmen. Dies<br />
geschieht aber ebenso über finanzielle Anreize für das Investieren in den<br />
Philippinen – zeitweise auch den Zwang zu hohen Rücküberweisungen –<br />
und über Angebote der Reintegrationsförderung in die philippinische Gesellschaft.<br />
7 Epifanio San Juan, Comtemporary Global Capitalism and the Challenge of the Filipino<br />
Diaspora, in: Global Society, 25. 2011, H. 1, S. 7–27, hier S. 8.<br />
8 POEA, Overseas Employment Statistics 2009. Philippine Overseas Employment<br />
Administration, Mandaluyong City 2009, http://www.poea.gov.ph/stats/2009_<br />
OFW%20Statistics.pdf.<br />
9 Michael Billig, Banal Nationalism, London 1995; Benedict Anderson, Imagined Communities.<br />
Reflections on the Origin and Spread of Nationalism, 2. Aufl. London 1991.<br />
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