Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück
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Julia Verne und Martin Doevenspeck<br />
Erfahrung von Mobilität und Translokalität im Kontext von Swahili-Handelsreisen.<br />
75 Wie in anderen Untersuchungen zu Migration in Afrika, die etwa<br />
die imaginativen Geographien von Migranten oder das Verhältnis von Orten<br />
der Mobilität und mobilen Orten 76 in den Blick nehmen, wird Mobilität in<br />
den genannten Studien nicht als (Entwicklungs-)Problem, sondern als integraler<br />
Bestandteil individueller Lebensentwürfe verstanden. 77<br />
Obwohl diese Beispiele darauf hindeuten, dass neuere Arbeiten das<br />
zentrale Anliegen des mobility turn durchaus widerspiegeln, zeigen zwei der<br />
wohl zur Zeit populärsten Themenfelder ›Umwelt und Migration‹ und ›Migration<br />
und Entwicklung‹, auf die im Folgenden näher eingegangen werden<br />
soll, dass sich die sedentaristische Grundhaltung darüber hinaus als sehr persistent<br />
erweist.<br />
4 »Der Boden ist müde«: Migration und Umwelt<br />
Ein Themenfeld, in dem die im vorangegangenen Kapitel skizzierte Repräsentation<br />
von Migration als Fluchtbewegung oder Überlebensstrategie besonders<br />
deutlich hervortritt, ist der im Rahmen der Debatte zu den Auswirkungen<br />
des Klimawandels neuerdings auch in der Entwicklungsforschung<br />
wieder intensiv diskutierte Zusammenhang von Umwelt und Migration. Im<br />
Folgenden wird diese Debatte zunächst zusammengefasst. Anschließend<br />
werden die problematischen Implikationen und sedentaristischen Grundtöne<br />
vorgestellter Kausalzusammenhänge zwischen Umweltdegradation und Bevölkerungsbewegungen<br />
anhand einer empirischen Fallstudie zu Binnenwanderungen<br />
im westafrikanischen Benin verdeutlicht.<br />
Die Diskussion um Zwangsmigrationen infolge von Umweltveränderungen<br />
ist nicht neu. Nach der Einführung des Begriffs des ›Umweltflüchtlings‹<br />
durch El-Hinnawi 78 hat eine Reihe von Autoren diesen aufgegriffen<br />
und zum Teil abenteuerliche Prognosen mit einer Zahl von mehreren Hundert<br />
Millionen zu erwartenden Umweltflüchtlingen aufgestellt. 79 Auch die<br />
75 Julia Verne, Living Translocality: Space, Culture and Economy in Contemporary<br />
Swahili Trade, Stuttgart 2012.<br />
76 Schapendonk, Staying Put in Moving Sands.<br />
77 Bakewell, Keeping Them in Their Place.<br />
78 Essam El-Hinnawi, Environmental Refugees. United Nations Environment Programme,<br />
Nairobi 1985.<br />
79 Jodi Jacobson, Environmental Refugees: A Yardstick of Habitability (World Watch<br />
Paper 86), World Watch Institute, Washington 1988; Thomas Homer-Dixon, Environmental<br />
Scarcities and Violent Conflict: Evidence from Cases, in: International Security,<br />
19. 1994, S. 5–40; Norman Myers, Environmental Refugees, in: Population<br />
and Environment, 19. 1997, S. 167–182; ders., Environmental Refugees: A Growing<br />
Phenomenon of the 21st Century, in: Philosophical Transactions of The Royal Society<br />
B, 357. 2002, S. 609–613.<br />
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