Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück
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Benjamin Etzold und Patrick Sakdapolrak<br />
betroffen von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen. In der eigentlichen<br />
Zielregion stehen sie vor einer dreifachen Herausforderung: Sie müssen sich<br />
erfolgreich auf dem Arbeitsmarkt etablieren, sich sozial in einer anderen Gesellschaft<br />
einfinden und zugleich den oft hohen Ansprüchen der Familie in<br />
der Heimat gerecht werden. Internationale Arbeitsmigration birgt somit ein<br />
hohes Risiko für die Migranten.<br />
Die geographische Migrationsforschung untersucht die räumlichen<br />
Dimensionen von Migrationsprozessen und deren gesellschaftlichen Konsequenzen.<br />
5 Im Mittelpunkt der geographischen Entwicklungsforschung stehen<br />
indes »gesellschaftliche Entwicklungsprozesse und Entwicklungsprobleme<br />
in ihren räumlichen Dimensionen und Strukturen«. 6 Internationale<br />
Migrationsbewegungen zwischen und aus den Ländern des globalen Südens<br />
bieten zahlreiche Beispiele, um diese beiden Forschungsfelder zu verbinden.<br />
Dies erfordert allerdings einen Analyserahmen, der an verschiedenen Orten<br />
im Migrationsprozess anwendbar ist – in den Herkunfts-, Zwischen- und<br />
Zielräumen der Migration (vgl. Schaubild 1). Das in der geographischen<br />
Entwicklungsforschung häufig verwendete Verwundbarkeitskonzept 7 erlaubt<br />
sowohl eine systematische Integration der die Migrationsverläufe beeinflussenden<br />
Faktoren als auch eine realistische Erfassung der komplexen<br />
Migrationswirklichkeiten an diesen Orten im Migrationsprozess. Im Sinne<br />
eines dialektischen Verhältnisses zwischen Strukturen und menschlichem<br />
Handeln verstehen wir internationale Arbeitsmigration als eine soziale Praxis<br />
im Spannungsfeld zwischen den Interessen und Fähigkeiten von Migranten<br />
(und ihren Familien) und den strukturellen Rahmenbedingungen auf verschiedenen<br />
Ebenen. 8 Internationale Arbeitsmärkte, nationale Migrationspolitiken<br />
und Grenzsicherungsinstrumente, die sogenannte ›Migrationsindustrie‹<br />
sowie lokale Institutionen spielen dabei eine herausgehobene Rolle.<br />
Die Potenziale des Verwundbarkeitsansatzes zur Analyse internationaler<br />
Arbeitsmigration werden in diesem Beitrag anhand von zwei Fallbeispielen<br />
mit jeweils unterschiedlicher räumlicher Schwerpunktsetzung veranschaulicht.<br />
Im ersten Beispiel blicken wir auf die Herkunftsregionen von Migranten:<br />
Eine Dorfstudie aus Nordost-Thailand zeigt die Voraussetzungen<br />
und Folgen der internationalen Vertragsarbeitskräftemigration. Innerhalb<br />
weniger Jahre hat sich dort die Bedeutung von internationaler Migration von<br />
einer Strategie der Bewältigung ökonomischer und ökologischer Krisen zu<br />
5 Felicitas Hillmann, Migration als räumliche Definitionsmacht? Beiträge zu einer<br />
neuen Geographie der Migration in Europa, Stuttgart 2007, S. 288.<br />
6 Hans-Georg Bohle, Geographische Entwicklungsforschung, in: Hans Gebhardt u.a.<br />
(Hg.), Geographie. Physische Geographie und Humangeographie, Heidelberg 2007,<br />
S. 797–815, hier S. 798.<br />
7 Siehe Anm. 9 zu bedeutenden Vertretern des Verwundbarkeitskonzepts.<br />
8 De Haas, Mobility and Human Development, S. 2.<br />
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