Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück
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Julia Verne und Martin Doevenspeck<br />
wieder als etwas Positives angesehen wird, ist also der zurzeit dominanten<br />
Vorstellung zu verdanken, dass Migranten ihre Mittel geschickt und wohlüberlegt<br />
einsetzen, um Freunde und Verwandte im Herkunftskontext zu unterstützen<br />
und damit erfolgreich zur nachhaltigen Entwicklung beitragen.<br />
Dies ist die entscheidende Prämisse für die zweite Annahme, die den rezenten<br />
Diskurs prägt, nämlich dass Migranten dadurch in der Lage sind, weitere<br />
Migration zu verhindern.<br />
5.2 Zweite Annahme: ›Entwicklungshilfe‹ durch Migranten reduziert<br />
Folgemigration<br />
Ein zentraler Gedanke, der in der neueren Literatur immer wieder geäußert<br />
wird, ist, dass die durch Migranten induzierte ›Entwicklung‹ weitere Bevölkerungsbewegungen<br />
verhindere oder zumindest einschränke. 120 Ähnlich wie<br />
in der Debatte zu Land-Stadt-Wanderungen der 1980er Jahre angenommen<br />
wurde, dass verbesserte Lebensbedingungen im ländlichen Raum Migration<br />
(und damit urbane Armut) reduzieren könne121 , wird nun davon ausgegangen,<br />
dass Migranten-induzierte Entwicklungsprozesse das Potential hätten,<br />
weitere (politisch unerwünschte) Migrationsströme zu verhindern. 122 Migration<br />
wird nach dieser Argumentation also vor allem deswegen wohlwollend<br />
betrachtet, weil durch sie der ›Migrationsdruck‹ gemindert werde. Die Reduzierung<br />
von Migration wird dabei gemeinhin immer noch als ein entscheidender<br />
Entwicklungserfolg angesehen. 123 Geht man allerdings davon aus,<br />
dass ›Entwicklung‹ Migration reduziert, so stellt diese Sichtweise Mobilität<br />
letztlich doch wieder als Resultat von ›Unterentwicklung‹ und Mangel dar.<br />
»Migration is [still] seen to be caused by imbalances either in wages, opportunities,<br />
social structures, levels of capitalist penetration, and so forth. Therefore,<br />
they tend to suggest that reducing the imbalance will eventually reduce<br />
migration«. 124<br />
Es geht hier also zum einen nach wie vor um einen funktionalistischen<br />
Zugang und zum anderen spiegelt sich auch deutlich die normative Haltung<br />
Oxford 2002, S. 231–243; Luin Goldring, The Power of Status in Transnational Social<br />
Fields, in: Michael Peter Smith/Luis Eduardo Guarnizo (Hg.), Transnationalism<br />
from Below, New Brunswick 1998, S. 165–195.<br />
120 Bakewell, Keeping them in their Place, S. 1.<br />
121 Richard Rhoda, Rural Development and Urban Migration: Can we keep them down<br />
on the Farm?, in: International Migration Review, 17. 1983, S. 34–64, hier S. 35.<br />
122 Castles, Development and Migration, S. 19; vgl. auch Philip Martin/J. Edward Taylor,<br />
The Anatomy of a Migration Hump, in: ders. (Hg.), Development Strategy, Employment,<br />
and Migration: Insights from Models, OECD, Development Centre, Paris<br />
1996, S. 43–62.<br />
123 Castles, Development and Migration, S. 1.<br />
124 Bakewell, Keeping them in their Place, S. 12.<br />
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