Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück
Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück
Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Sedentarismus als Konstante der Migrationsforschung in Afrika<br />
Schließungspraktiken im Globalisierungsprozess signifikante Muster sozial<br />
differenzierter Immobilität produziert werden. Diese bewirken letztlich ein<br />
›mobility gap‹ 148 wodurch deutlich wird, dass Mobilität als einer der wichtigsten<br />
stratifizierenden Faktoren einer globalisierten Welt verstanden werden<br />
muss.<br />
Aus Sicht der Befürworter des mobility paradigm ist daher der wesentliche<br />
Schritt, weder von einer immer mobiler werdenden Welt auszugehen<br />
noch an der Vorstellung von Orten als räumlich fixierten Containern festzuhalten.<br />
Stattdessen sollte Mobilität überall als ein konstitutiver und konstituierender<br />
Bestandteil des sozialen und kulturellen Lebens verstanden werden,<br />
den es als solchen in die Untersuchungen einzubeziehen gilt. 149<br />
So versuchen z.B. Freitag und von Oppen 150 historische Entwicklungen<br />
›im Süden‹ aus einer translokalen Perspektive zu betrachten, die insbesondere<br />
ein relationales und dynamisches Verständnis der Welt betont und dabei<br />
Phänomene und Orte als Resultat von Mobilität von Menschen, Dingen und<br />
Imaginationen versteht. Der Begriff der Translokalität beschreibt dabei nicht<br />
nur eine Perspektive oder bestimmte Phänomene, sondern bezieht sich auch<br />
auf einen Zustand, eine spezifische Art und Weise in der Welt zu sein, die<br />
vor allem durch das Zusammenspiel und die Spannung von Mobilität und<br />
Immobilität, Bewegung und Stasis gekennzeichnet ist. 151 Auf Afrika bezogen,<br />
stellt z.B. der von Klute und Hahn 152 herausgegebene Sammelband Cultures<br />
of Migration ein Bestreben dar, Mobilität eingebettet in kulturelle Praxen<br />
und als gewöhnlichen Bestandteil des alltäglichen Lebens aufzufassen und<br />
dabei vor allem historische Kontinuitäten und Diskontinuitäten zu betonen.<br />
Wie wir in diesem Beitrag gezeigt haben, stellen solche offenen Zugänge<br />
zu Mobilität in dem sehr politiknahen Feld der Migrationsforschung in<br />
Afrika immer noch eher die Ausnahme dar. Stattdessen halten viele Politiker<br />
und Wissenschaftler an sehr pauschalen Annahmen und sedentaristischen<br />
Idealen fest, oft ohne dabei den Interessen und Motivationen der Migranten<br />
zu entsprechen. »By failing to understand why people migrate and viewing<br />
this migration as a problem, there is a tendency to assume away the agency<br />
of migrants«. 153<br />
148 Ronen Shamir, Without Borders? Notes on Globalization as a Mobility Regime, in:<br />
Sociological Theory, 23. 2005, S. 197–217.<br />
149 Cresswell, On the Move; ders., The Right to Mobility; Sheller/Urry, The New Mobilities<br />
Paradigm.<br />
150 Ulrike Freitag/Achim von Oppen (Hg.), Translocality. The Study of Globalising Processes<br />
from a Southern Perspective, Leiden 2008.<br />
151 Verne, Living Translocality; vgl. auch Freitag/von Oppen, Translocality, S. 8.<br />
152 Klute/Hahn (Hg.), Cultures of Migration – African Perspectives.<br />
153 Bakewell, Keeping them in their Place, S. 33.<br />
93