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Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück

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Martin Geiger und Malte Steinbrink<br />

Dass sich der Widerstreit um das Verhältnis von Migration und Entwicklung<br />

eher auf der politisch-ideologischen Ebene abspielt als auf der empirisch-analytischen,<br />

erklärt auch, weshalb die Debatte der Komplexität des<br />

Themas Migration im Entwicklungsprozess nicht gerecht wird. Der große Theorienstreit<br />

trieb die entwicklungsbezogene Migrationsforschung in eine Art<br />

ideologische Falle (›ideological trap‹).<br />

An dieser Stelle wird darauf verzichtet, die verschiedenen migrationstheoretischen<br />

Ansätze en detail miteinander zu vergleichen und gegeneinander<br />

abzuwägen, jedoch sei betont, dass jeder einzelne über wertvolles Erklärungspotenzial<br />

verfügt, alleine aber nicht ausreicht, um die Vielschichtigkeit<br />

des Migrationsphänomens bzw. der verschiedenen Migrationsphänomene<br />

analytisch in den Griff zu bekommen. Obgleich sie sich in ihren Grundannahmen,<br />

Argumentationen und Schlussfolgerungen zum Teil gegenseitig<br />

ausschließen, ergänzen sie sich insofern auch, als sie strenggenommen häufig<br />

unterschiedliche Sachverhalte zu erklären versuchen. Migration ist in ihren<br />

Erscheinungsformen schlichtweg zu heterogen und zu stark kontextspezifisch,<br />

um als einheitlicher Gegenstand von Forschung zu gelten. 57 Trotzdem<br />

wurde in der Vergangenheit immer wieder der Versuch unternommen, Migration<br />

so zu behandeln, als wäre es ein Phänomen, das mit einer Theorie zu<br />

erklären ist. Seit den 1990er Jahren weisen Douglas S. Massey u.a. und viele<br />

andere Migrationsforscher jedoch zu Recht darauf hin, dass es nicht die eine<br />

migrationswissenschaftliche »Grand Theory« geben kann. 58<br />

Parallel fanden Anfang der 1990er Jahre auch in der (Geographischen)<br />

Entwicklungsforschung weitreichende theoretische Umwälzungen statt.<br />

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde nicht nur die Aufteilung<br />

der Erde in eine ›Erste‹, ›Zweite‹ und ›Dritte‹ Welt obsolet, sondern mit dem<br />

vermeintlichen Ende des Kampfes der politischen Systeme wurde auch der<br />

Streit zwischen Modernisierung und Dependenz beigelegt. Ulrich Menzel<br />

57 So weist auch Arjan de Haan darauf hin, dass theoretische Generalisierungen bezüglich<br />

verschiedener Migrantentypen, Migrationsgründe und Wirkungen von Migration<br />

angesichts der »lästigen Komplexität und Diversität« der empirischen Befunde<br />

einen nur sehr begrenzten Wert haben. Vgl. Arjan de Haan, Migration in the<br />

Development Studies Literature. Has It Come Out of its Marginality? Research Paper<br />

United Nations University, 19. 2006, http://www.wider.unu.edu/publications/rps<br />

/rps2006/rp2006-19.pdf (23.1.2012).<br />

58 Douglas S. Massey u.a., Theories of International Migration. A Review and Appraisal,<br />

in: Population and Development Review, 19. 1993, S. 431–466, hier S. 465f.<br />

Michael Bommes und Jost Halfmann sind sogar der Auffassung, dass Migration an<br />

sich überhaupt nicht theoretisierbar sei, wenn diese nicht vor dem Hintergrund einer<br />

grundlegenden Gesellschaftstheorie betrachtet würde: Michael Bommes/Jost Halfmann,<br />

Einführung: Migration, Nationalstaat, Wohlfahrtsstaat. Eine theoretische<br />

Herausforderung für die Migrationsforschung, in: dies. (Hg.), Migration in nationalen<br />

Wohlfahrtsstaaten, <strong>Osnabrück</strong> 1998, S. 9–45.<br />

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