Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück
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Boris Michel<br />
gesellschaften problematisch geworden ist. 2 Zwei Aspekte sind in diesem<br />
Rahmen von besonderem Interesse, auch und weil diese an der Schnittstelle<br />
zwischen Entwicklungsforschung und geographischer Migrationsforschung<br />
liegen und damit deutlich machen, dass ein Zusammendenken beider Perspektiven<br />
eine fruchtbare Erweiterung darstellt: zum einen die ökonomische<br />
Bedeutung der Rücküberweisungen aus dem Ausland und damit Fragen<br />
nach dem Verhältnis von Migration und Entwicklung sowie zum anderen<br />
die Veränderungen, die sich aus dieser Bedeutung für die Vorstellungen von<br />
Nation, Klasse, Familie und Geschlecht ergeben.<br />
Vor dem Hintergrund der Annahme, dass Arbeitsmigration in erheblichem<br />
Maße die gesellschaftlichen Entwicklungen der Philippinen seit den<br />
1980er Jahren geprägt hat und deren Regulierung und Management zu einem<br />
entscheidenden politischen Faktor geworden ist, soll in diesem Beitrag<br />
untersucht werden, wie sich staatliche und mediale Diskurse über die Rolle<br />
von Arbeitsmigration in den Philippinen in den letzten vier Jahrzehnten<br />
entwickelt und gewandelt haben. Zentral ist dabei das Verhältnis der Diskurse<br />
von Nation und Nationalstaat zu den unterschiedlichen Formen transnationalisierter<br />
Migration, welche einige der klassischen Bindungen von Nation<br />
und Staat in Frage gestellt haben. Diese diskursanalytische Perspektive soll<br />
weniger die unterschiedlichen und komplexen Erfahrungen von MigrantInnen<br />
in den Blick nehmen, als vielmehr ein bestimmtes ›Reden über Migration‹<br />
von Seiten des Staates und hegemonialer Massenmedien thematisieren.<br />
Die zugrundeliegende These ist, dass der philippinische Staat eine<br />
Vielzahl disziplinierender, regulierender und subjektivierender Strategien<br />
einsetzt, um die Bevölkerung einerseits zu Migration zu bewegen und andererseits<br />
diskursiv an Nation und Staat zu binden. So entsteht eine Form von<br />
Staat, der ein verändertes Verhältnis von Nation, Bevölkerung und Territorium<br />
herstellt. Hierbei lässt sich eine Deterritorialisierung des Staates beobachten,<br />
bei der der philippinische Staat über die Grenzen des Staatsterritoriums<br />
hinausgreift und Formen einer transnationalen Vorstellung von Nation entwirft.<br />
In einem ersten Schritt soll der Kontext eines auf den Export von Arbeitskräften<br />
ausgerichteten Staats dargestellt werden, dessen historischer<br />
Entstehungszusammenhang eng mit dem Scheitern einer exportorientierten<br />
Entwicklungsstrategie unter entwicklungsdiktatorischen Vorzeichen ver-<br />
2 Niklas Reese/Judith Welkmann (Hg.), Das Echo der Migration. Wie Auslandsmigration<br />
die Gesellschaften des globalen Südens verändert, Bad Honnef 2010; Sara Kalm,<br />
Liberalizing Movements? The Political Rationality of Global Migration Management,<br />
in: Martin Geiger/Antoine Pécoud (Hg.), The Politics of International Migration<br />
Management, New York 2010, S. 21–44; Devesh Kapur, Remittances: The Development<br />
Mantra (G-24 Discussion Paper Series, hg.v. United Nations), New York/Genf<br />
2004, http://www.unctad.org/en/docs/gdsmdpbg2<strong>42</strong>0045_en.pdf.<br />
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