Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück
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Export von Arbeitskräften als Entwicklungsstrategie?<br />
und forcierte Arbeitsmigration der direkte Export der Ware Arbeitskraft in<br />
den Fokus. Dies scheint aus Sicht des philippinischen Staates dahingehend<br />
sinnvoll, als dass einerseits ein umfangreiches Reservoir einer gut ausgebildeten<br />
und englischsprachigen Bevölkerung vorhanden ist und andererseits<br />
aufgrund maroder Infrastrukturen und vergleichsweise ungünstiger Produktionsbedingungen<br />
im Land kaum die Chance besteht, direkt mit den benachbarten<br />
Staaten in Konkurrenz treten zu können. Der Staat wird somit durch<br />
den Export von Arbeitskräften von der Sorge entbunden, eine konkurrenzfähige<br />
Ökonomie vor Ort zu organisieren. Ein solcher Fokus auf den Export<br />
von Arbeitskraft ist zunächst kaum denkbar ohne moderne und billige globale<br />
Transport- und Kommunikationstechnologien, welche die ökonomischen,<br />
sozialen und persönlichen Reibungen der Distanz kompensieren helfen.<br />
Er ist aber auch angewiesen auf ein System der Förderung und des Managements,<br />
das Migration und insbesondere deren Rücküberweisungen in<br />
die gewünschten Bahnen lenkt und Arbeitskraft als eine hochgradig mobile,<br />
individualisierte und flexible Ware produziert. Hierfür entwickelte sich seit<br />
den 1980er Jahren ein komplexes System staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen,<br />
das eine gesellschaftliche Regulierung individueller Migration anstrebt.<br />
Seit der Mitte der 1990er Jahre, als es in den Philippinen zu einem<br />
massiven Umschwung in Richtung einer neoliberalen Restrukturierung<br />
staatlicher Politiken kam 34 , werden zunehmend nicht-staatliche Akteure in<br />
dieses Migrationsregime eingebunden. Diese Integration privater und zivilgesellschaftlicher<br />
Akteure findet sowohl in den Philippinen als auch in den<br />
Aufnahmeländern statt und verweist auf eine im Kontext neoliberalen Regierens<br />
vielfach beschriebene Form der Aktivierung des dritten Sektors für<br />
staatliche Regulierungs- und Kontrollunternehmen 35 wie auch auf eine<br />
Transnationalisierung von Migrationsmanagement.<br />
In Debatten um Globalisierung, Transnationalisierung und Deterritorialisierung<br />
werden periphere Staaten meist als Opfer begriffen, sei es in der<br />
Beschreibung als gescheiterte Staaten, die nicht in der Lage sind, ein staatliches<br />
Gewaltmonopol in ihrem Territorium zu errichten, oder sei es im Kontext<br />
eines Souveränitätsverlust gegenüber anderen Staaten, wie dies gerade<br />
im Zusammenhang des Kriegs gegen den Terror der Fall ist. Das Beispiel der<br />
Philippinen verweist demgegenüber jedoch auch auf eine Form der Deterritorialisierung<br />
von Staatlichkeit als einer Strategie, die den Export von Ar-<br />
34 Patricio Abinales/Donna Amoroso, State and Society in the Philippines, Lanham<br />
2005; Bello, The Anti-Development State: The Political Economy of Permanent Crisis<br />
in the Philippines.<br />
35 Rodriguez, Migrant Heroes: Nationalism, Citizenship and the Politics of Filipino Migrant<br />
Labor; siehe auch Volker Eick/Britta Grell/Margit Mayer/Jens Sambale, Nonprofit-Organisationen<br />
und die Transformation lokaler Beschäftigungspolitik, Münster<br />
2004.<br />
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