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Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück

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Migration in der Geographischen Entwicklungsforschung<br />

rem Schlepptau die Bedeutung translokaler und transnationaler Identitäten<br />

und sogenannter plurilokaler, funktional verbundener transnationaler Sozialräume.<br />

46 Heutzutage verbindet die globalisierte Migration nicht nur Gesellschaften,<br />

die historisch kaum Beziehungen ausgeprägt haben (z.B. Deutschland<br />

und Niederlande mit Marokko oder Portugal und Schweden mit Somalia),<br />

sondern sie verknüpft globale und lokale Prozesse auf neue Weise<br />

(namentlich durch die jeweils spezifische lokale Aneignung des Globalen).<br />

Die Transmigranten übernehmen dabei eine Brückenfunktion im Globalisierungsprozess.<br />

Sie bilden einen spezifischen Wanderungstyp, der mit seinen<br />

unterschiedlichen Sozial- und Lebenswelten weder im Herkunfts- noch im<br />

Zielgebiet nachhaltig verankert ist. Transmigranten sind dagegen in Staatsgrenzen<br />

übergreifende, sozialräumliche Bezüge eingespannt, ihnen ist es<br />

zumindest teilweise möglich, sich engen nationalstaatlichen Einteilungen<br />

und Zugriffen zu entziehen, dennoch kommen auch sie »realpolitisch« 47<br />

wieder ›im Nationalstaat‹ an, beispielsweise wenn sie sich im Fall der EU-<br />

Mitgliedstaaten um längerfristige Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse oder<br />

um eine neue Staatsbürgerschaft bemühen. Es entstehen transnational organisierte<br />

Gemeinschaften und translokale Netzwerke, die weit auseinanderliegende<br />

Orte miteinander verbinden.<br />

Diese Migrantennetzwerke und Migrantenorganisationen, welche die<br />

finanziellen, sozialen und psychischen Risiken und Kosten der Wanderung<br />

verringern helfen, stellen Strukturbildungen jenseits staatlich kontrollierter<br />

Organisationen dar. Sie sind im Wesentlichen für die Reproduktion und Verstetigung<br />

plurilokaler und plurinationaler Migrationssysteme verantwortlich.<br />

Die Transmigranten – seien es nun Elitemigranten oder globale ›Jetsetter‹ wie<br />

Wissenschaftler, Künstler, Journalisten, Sportler oder Manager – werden<br />

nicht durch das herrschende Integrationsparadigma herausgefordert, ebenso<br />

wenig wie übrigens irreguläre bzw. illegale Migranten auf der unteren sozialen<br />

Skalenleiste. Erstere sind durch Bewegungen gekennzeichnet, die als<br />

brain circulation beschrieben werden können. Sie umfassen weder klassische<br />

Migrationsfälle mit Wohnsitzaufgabe im Herkunftsgebiet noch sind sie als<br />

Pendelwanderer zu bezeichnen. Heute fallen vor allem Elite- und Studentenmigranten<br />

in diese Kategorie, aber auch Pensionärs- oder Rentnermigranten,<br />

die z.B. auf den Balearen überwintern. Historisch sind als zirkuläre Migranten<br />

u.a. die sogenannten Hollandgänger oder Sachsengänger bekannt. Es<br />

wäre dann jeweils zu klären, inwieweit und wo solche zirkulären Wanderungen,<br />

auch jene zwischen Entwicklungs- und Industrieländern, brain drainoder<br />

brain gain-Effekte auslösen. Konkret geht es also um die regionalökonomischen<br />

Folgen der Abwanderung von Hochqualifizierten und Fachkräf-<br />

46 Pries, Transnationalismus, Migration und Inkorporation, S. 27.<br />

47 Vgl. Bommes, Der Mythos des transnationalen Raumes.<br />

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