22.01.2013 Aufrufe

Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück

Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück

Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Julia Verne und Martin Doevenspeck<br />

einem bestimmten Ort wird grundsätzlich als essenzielle Prämisse für ein<br />

bedeutungsvolles und erfülltes menschliches Leben herausgestellt. »To be<br />

human is to live in a world that is filled with significant places: to be human<br />

is to have and to know your place«. 23<br />

Besonders für Edward Relph sind Orte Orientierungspunkte, die dem<br />

Menschen Sicherheit und das Gefühl von Zugehörigkeit geben – eine Art fester<br />

Triangulationspunkt, von dem aus man die Welt betrachten kann und<br />

dabei immer weiß, wo man steht und hingehört. Die Bedeutungen von Orten<br />

sind demnach tief mit dem menschlichen Bewusstsein verwoben: »all consciousness<br />

is not merely consciousness of something, but of something in its<br />

place, and […] those places are defined largely in terms of the objects and<br />

their meanings«. 24 Bereits 1976 versucht Relph in seinem Buch ›Place and<br />

Placelessness‹ am Beispiel US-amerikanischer Hausbesitzer aufzuzeigen, wie<br />

häufiges Umziehen die Erfahrung der Ortsverbundenheit (»to belong to it<br />

and identify with it« 25 ) unmöglich mache. Stattdessen führe Mobilität zu<br />

einer »unauthentischen« Beziehung zu Orten »which is essentially no sense<br />

of place, for it involves no awareness of the deep and symbolic significance of<br />

places and no appreciation of their identities«. 26 Eine Zunahme an Mobilität<br />

fördere somit die Verbreitung von ›Ortlosigkeit‹ (placelessness).<br />

Auch für Yi-Fu Tuan ist Ortsverbundenheit und Verwurzelung eine<br />

Voraussetzung des Gefühls, zu Hause zu sein 27 , und ebenso versteht Seamon<br />

28 das Zuhause (home) als einen intimen Ort der Ruhe. Diesen Vorstellungen<br />

von Orten und dem Zuhause, die weite Teile der humanistic geography<br />

charakterisieren, steht Mobilität antithetisch gegenüber. Während Sesshaftigkeit<br />

Attribute wie Sicherheit und Stabilität zugeschrieben werden, steht Bewegung<br />

zwar einerseits für Offenheit und Freiheit, gleichzeitig jedoch auch<br />

für Unsicherheit, Bedrohung und beunruhigende Umbrüche. 29 Mobilität<br />

wird als Gefahr und Fehlfunktion interpretiert, als Ausdruck und Ursache<br />

eines Mangels an Verpflichtung, Verbundenheit und Beteiligung und ganz<br />

grundsätzlich als Mangel an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund sind Bewegung<br />

und das Anerkennen von Wandel mit einem bedeutungsvollen<br />

»sense of place« kaum vereinbar:<br />

23 Edward Relph, Place and Placelessness, London 1976, S. 1.<br />

24 Ebd., S. <strong>42</strong>f.<br />

25 Ebd., S. 49.<br />

26 Ebd., S. 82.<br />

27 Y.F. Tuan, Language and the Making of Place: A Narrative-descriptive Approach, in:<br />

Annals of the Association of American Geographers, 81. 1991, S. 684–696.<br />

28 David Seamon, Geography of the Lifeworld: Movement, Rest, and the Encounter,<br />

New York 1979.<br />

29 Y.F. Tuan, Space and Place: The Perspective of Experience, Minneapolis 2001 [1977],<br />

S. 6.<br />

66

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!