Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück
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Export von Arbeitskräften als Entwicklungsstrategie?<br />
Vor dem Hintergrund einer ökonomischen und politischen Krise in den<br />
1970er Jahren wurde von Seiten des Staates damit begonnen, kurzfristige und<br />
vertraglich geregelte Arbeitsmigration als eine Strategie der Krisenbewältigung<br />
zu fördern. Zeitnah zur Verhängung des Martial Law 1972, mit dem<br />
Präsident Marcos diktatorische Vollmachten erlangte, und der Ölkrise, die in<br />
den ölproduzierenden Ländern des Mittleren Ostens den Bedarf nach Arbeitskräften<br />
stark erhöhte und zugleich lokale Industrialisierungsprojekte im<br />
globalen Süden bedrohte 10 , wurde der Grundstein für einen staatlichen Migrationsapparat<br />
gelegt, zu dessen zentralen Aufgabe der Export von Arbeitskräften<br />
gehört. Den Anfang machten die Verabschiedung des New Labor Code<br />
1974 und ein bilateraler Vertrag mit dem Iran über die Entsendung von Arbeitskräften<br />
im darauf folgenden Jahr.<br />
1982 wurde die Philippine Overseas Employment Administration (POEA)<br />
als staatliche Agentur für die Organisation und Kontrolle von Arbeitsmigration<br />
gegründet. Seither entstand daraus ein elaboriertes Netzwerk aus staatlichen<br />
Institutionen, privaten Dienstleistern und zivilgesellschaftlichen Akteuren.<br />
Zu diesem gehören die dem Department of Labor and Employment unterstellte<br />
POEA und die Overseas Worker Welfare Authority, die Ansätze einer<br />
sozialstaatlichen Versicherheitlichung individueller Migrationsrisiken auf<br />
der Basis von Pflichtbeiträgen von ArbeitsmigrantInnen bietet. Daneben sind<br />
die lokalen Philippine Overseas Labor Offices, Botschaften und die Commission<br />
on Filipinos Overseas sowie eine Vielzahl von privaten Vermittlern und NGOs<br />
in den Philippinen sowie im Ausland in unterschiedlichen Formen und mit<br />
unterschiedlichen Interessen in das alltägliche Management von Arbeitsmigration<br />
eingebunden. 11<br />
Die autoritäre Marcos-Diktatur sah die von ihr geförderte Arbeitsmigration<br />
als ein vorübergehendes Übel an, und der Arbeitskräftemangel in der<br />
Golfregion schien eine gangbare Lösung für kurzfristige ökonomische Probleme<br />
und politische Spannungen zu bieten. 12 Entsprechend neoklassischen<br />
Migrations- und Modernisierungstheorien wurde angenommen, dass Migration<br />
zur ökonomischen Entwicklung des Entsendelandes beitrüge und damit<br />
das Gefälle zwischen Aufnahme- und Entsendeökonomie über die Zeit aus-<br />
10 Tyner, The Global Context of Gendered Labor Migration From the Philippines to the<br />
United States, S. 680.<br />
11 IOM, World Migration 2005: Costs and Benefits of International Migration, Genf<br />
2005, S. 104; Maruja Asis, How International Migration can Support Development: A<br />
Challenge for the Philippines, in: Migración y Desarrollo, 2. 2006, S. 96–122, hier<br />
S. 111f.; Michael S. Solomon, State-led Migration, Democratic Legitimacy, and Deterritorialization:<br />
The Philippines’ Labour Export Model, in: European Journal of East<br />
Asian Studies, 8. 2009, H. 2, S. 275–300, hier S. 282; Samers, Migration, S. 102.<br />
12 Walden Bello, The Anti-Development State: The Political Economy of Permanent<br />
Crisis in the Philippines, Quezon 2004, S. 11.<br />
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