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Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück

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Malte Steinbrink<br />

ökonomischen und sozialen Risiken konfrontiert sehen. Die Unsicherheitsbedingungen<br />

sind gewissermaßen ubiquitär.<br />

Die einzige Sicherheit, auf die die Land-Stadt-Migranten im Zielgebiet<br />

zurückgreifen können, sind Verwandtschafts- und Freundschaftsbeziehungen<br />

zu anderen bereits in der Stadt lebenden Migranten. Ohne Kontakte im<br />

Zielgebiet ist der Schritt in die Stadt kaum möglich. Nicht die durchschnittliche<br />

Lohnhöhe oder das tatsächliche Angebot an freien Stellen ist für die Wahl<br />

des Zielgebietes ausschlaggebend, sondern vornehmlich die Kontakte. Über<br />

90% der Migranten aus Nomhala haben für die Migration auf soziale Beziehungen<br />

zurückgegriffen. Die meisten gaben auf die Frage nach ihrem Motiv<br />

für die Wahl des Zielgebietes an, dass sie dort bereits vor der Wanderung<br />

viele oder bestimmte Personen kannten. Die entstehenden Migrationsnetzwerke<br />

können zunächst als Ausdruck und Folge eines wahrgenommenen<br />

Mangels an Alternativen (sowohl in Nomhala als auch an anderen Orten, die<br />

nicht durch soziale Netzwerkbeziehungen erschlossen sind) verstanden werden.<br />

Die Migrationsnetzwerke sind aber gleichzeitig auch wesentlicher Aspekt<br />

des Handlungskontextes, innerhalb dessen Strategien entwickelt werden.<br />

Es wird somit deutlich, dass die neuen Handlungsoptionen nach dem<br />

Ende der Apartheid vor allem in den informellen sozialen Netzwerken liegen.<br />

Die legislativen und politischen Veränderungen ermöglichten zunächst<br />

nur die Entstehung dieser translokalen Netzwerke. Erst im Zuge eines voranschreitenden<br />

Strukturationsprozesses entstanden die Netzwerkstrukturen,<br />

die allmählich für immer mehr Akteure und Haushalte verschiedene Handlungsalternativen<br />

eröffneten.<br />

Zur Analyse der translokalen sozialräumlichen Interaktionszusammenhänge<br />

zwischen Nomhala und städtischen Gebieten ist es hilfreich, sich<br />

dem emischen Konzept des ikhaya (lit. isiXhosa = das Heim, das Zuhause)<br />

zuzuwenden. Das Ikhaya ist die – typischerweise dem ländlichen Raum der<br />

ehemaligen Transkei zugeschriebene – ›häuslich-soziale‹ Organisationsform.<br />

Die Zugehörigkeit zu dieser patrilinear strukturierten Gemeinschaft regelt<br />

die Verfügungsrechte über Land; sie bedeutet, entsprechend der kulturellen<br />

Norm sowie kollektiver Rollen- und Handlungserwartungen, Ansprüche gegenüber<br />

den anderen Mitgliedern geltend machen zu können, aber auch<br />

Verpflichtungen und Verantwortungen tragen zu müssen. Nicht die Koresidenz<br />

ist das entscheidende Kriterium für die Zugehörigkeit, vielmehr<br />

wird die Mitgliedschaft durch Geburt oder Heirat erworben. Das ländliche<br />

Gehöft (umzi pl. imizi) stellt zwar den gemeinsamen ›räumlichen Bezugspunkt‹<br />

der Ikhaya-Mitglieder dar, die Bewohner des Umzi sind aber selten<br />

identisch mit denen des Ikhaya. 27 Die Zusammensetzung der Bewohner-<br />

27 Vgl. Andrew Spiegel, The Fluidity of Household Composition in Matatiele, Transkei:<br />

A Methodological Problem, in: African Studies, 45. 1986, S. 17–35.<br />

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