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Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück

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Sedentarismus als Konstante der Migrationsforschung in Afrika<br />

Forschung zu Migration in Afrika wird meist im Entwicklungsparadigma<br />

betrieben und konzipierte Mobilität bis zum rezenten Umschwung bei der<br />

Bewertung der Zusammenhänge von Migration und Entwicklung, auf den<br />

wir später noch genauer eingehen werden, in der Regel als etwas Negatives.<br />

Dies ist umso erstaunlicher, wenn man darin übereinstimmt, dass Mobilität<br />

in Afrika erstens aus historischer Perspektive eher den Normalfall und Sesshaftigkeit<br />

die Ausnahme darstellt 49 und zweitens als fundamentaler gesellschaftlicher<br />

und historischer Faktor zu betrachten ist. 50 Ungeachtet dessen<br />

wurde und wird Mobilität in Afrika im Gegensatz zur Situation in den Herkunftskontexten<br />

der Forscherinnen und Forscher aus dem Norden selten als<br />

etwas ›Normales‹ verstanden.<br />

Diese Auffassung lässt sich bereits in den kolonialen Bemühungen zur<br />

Fixierung einer meist hoch mobilen Bevölkerung in dünn besiedelten Gebieten<br />

erkennen. Für die Kolonialverwaltung war die Kontrolle und Einschränkung<br />

von Mobilität oft entscheidend für den Aufbau einer zentralen territorialen<br />

Herrschaft. 51 Die für Unterwerfung und Kontrolle notwendigen<br />

Grenzziehungen nach innen und außen wurden gleichzeitig als zivilisatorische<br />

Mission gegen Mobilität als atavistischer Mangel an Verwurzelung verstanden.<br />

52 Paradoxerweise führte aber nicht nur die koloniale Zwangsarbeit,<br />

sondern auch die mit den Grenzziehungen einhergehenden Konzentrationen<br />

der Bevölkerung durch Umsiedlung und Verdorfungsprogramme zumindest<br />

temporär zu neuer, unerwünschter Mobilität. 53 Ausgehend von dieser historischen<br />

Betrachtung werden wir im Folgenden kurz den sedentaristischen<br />

Unterton einflussreicher Migrationstheorien verdeutlichen. Dieser Befund<br />

wird anschließend mit den dominanten Repräsentationen von Migration in<br />

Wissenschaft und Politik sowie in der deutschsprachigen Geographie in Be-<br />

49 Franz Nuscheler, Internationale Migration. Ein Hauptproblem für Global Governance<br />

(INEF-Report 9), Duisburg 1994, S. 14.<br />

50 Igor Kopytoff, The Internal African Frontier: The Making of African Political Culture,<br />

in: ders. (Hg.), The African Frontier. The Reproduction of Traditional African<br />

Societies, Bloomington 1987, S. 3–84; Philipp Curtin, Africa and Global Patterns of<br />

Migration, in: Wang Gungwu (Hg.), Global History and Migrations, Boulder 1997,<br />

S. 63–94; Achim von Oppen, Bounding Villages. The Enclosure of Locality in Central<br />

Africa, 1890s to 1990s, Habilitationsschrift, Humboldt-<strong>Universität</strong> zu Berlin, Berlin<br />

2003; Allen M. Howard/R.M. Shain, The Spatial Factor in African History: The Relationship<br />

of the Social, Material, and Perceptual (African Social Studies Series 8), Leiden/Boston<br />

2005.<br />

51 Oppen, Bounding Villages, S. 140f.<br />

52 Thomas Rottland, Von Stämmen und Ländern und der Macht der Karte. Eine Dekonstruktion<br />

der ethnographischen Kartierung Deutsch-Ostafrikas (Arbeitshefte des<br />

Zentrums Moderner Orient), Berlin 2003, S. 91.<br />

53 Chris De Wet, Moving Together, Drifting Apart: Betterment Planning and Villagisation<br />

in a South African Homeland, Johannesburg 1995.<br />

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