Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück
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Sedentarismus als Konstante der Migrationsforschung in Afrika<br />
und zu ihrer Etablierung als Händler in Dar es Salaam beitragen sollten. Was<br />
ein typisches Beispiel von Entwicklung durch Migration im Sinne des dominanten<br />
Diskurses sein könnte, zeigt hingegen eher die vielfältigen Widersprüche<br />
und die Komplexität dieses Zusammenhangs. Der ethnographische<br />
Zugang macht hier bestimmte Logiken sichtbar, die das Wechselspiel zwischen<br />
Migration und Entwicklung entscheidend beeinflussen, aber in einer<br />
sedentaristischen Perspektive oft vernachlässigt werden:<br />
Aus Sicht der beiden jungen Zanzibari Badi und Manju ist es ihrer Überzeugungskunst<br />
zu verdanken, dass sich ihr Cousin, der seit acht Jahren in England<br />
lebt, schließlich dazu entschieden hat, regelmäßig Containerladungen mit elektronischen<br />
Gebrauchtwaren nach Tanzania zu schicken. Ohne die Situation ihres Cousins<br />
genau zu kennen, gingen sie schlichtweg davon aus, dass es ihm möglich sein<br />
würde, günstig an die Waren zu kommen und diese nach Dar es Salaam zu verschiffen.<br />
Nachdem zuvor einige andere Verwandte ihre Anfrage nach Unterstützung<br />
ihrer Händlertätigkeit abgelehnt hatten, hat dieser Cousin schließlich eingewilligt<br />
und auch tatsächlich bereits kurze Zeit später den ersten Container versandt.<br />
Und selbst obwohl sie zwei Monate nach dem Erhalt des ersten Containers<br />
noch nicht die vereinbarten 2.500£ (Auslagen für Einkauf und Verschiffung) zurückgezahlt<br />
haben, gelingt es ihnen, ihren Cousin zu überzeugen, einen weiteren<br />
Container auf den Weg zu schicken. Die beiden gehen davon aus, dass sich ihre finanzielle<br />
Situation verbessern wird, sobald sie die Schulden zurückgezahlt haben,<br />
die sie bei anderen Verwandten und Bekannten aufnehmen mussten, um die Einfuhrzölle<br />
sowie die Miete für ein Warenlager zu bezahlen. Ohne die erwarteten<br />
Rückzahlungen von Badi und Manju verfügt ihr Cousin bei der zweiten Ladung<br />
allerdings über weniger Kapital und die Qualität der Gebrauchtwaren fällt dementsprechend<br />
schlechter aus. Mit mehr Erfahrung und dem Bewusstsein, dass eine<br />
schlechte Rückzahlquote dieses Mal bereits zum Ende der Handelsverbindungen<br />
führen könnte, gelingt es den beiden jedoch, die Waren relativ gut zu verkaufen<br />
und etwas mehr Geld als beim ersten Mal zurückzuschicken. Trotzdem ist es ihnen<br />
auch dieses Mal nicht möglich, Gewinne in gewünschter Höhe zu erreichen, denn<br />
ohne ein finanzielles Polster müssen die Umsätze oft sofort für alltägliche Ausgaben<br />
verwendet werden und können nicht vor den Forderungen und Bitten von<br />
Freunden und Verwandten bewahrt werden.<br />
Dass es dem Cousin nicht darum geht, finanzielle Gewinne zu erzielen, wird vor<br />
allem darin deutlich, dass er für seine Cousins ein Bankkonto in England eröffnet,<br />
wo diese den Großteil des angestrebten Überschusses aus ihren gemeinsamen Handelsaktivitäten<br />
verwahren sollen. Dies zeigt den Wunsch, seinen Cousins möglichst<br />
nachhaltig dabei zu helfen, sich ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Und<br />
obwohl er nach zwei Containern nur 3.000 statt 5.000£ zurückerhalten hat, schickt<br />
er eine dritte Sendung nach Dar es Salaam. Nach dem vierten Container sieht er<br />
sich schließlich dann doch gezwungen, seine Unterstützung erstmal zu beenden,<br />
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