Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück
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Benjamin Etzold und Patrick Sakdapolrak<br />
neller Strukturen, reproduzieren diese, fordern diese heraus oder verändern<br />
sie. 29 Im Fokus der Betrachtung des strukturellen Kontextes sollten die Bedingungen<br />
des Zugangs für bzw. die Mechanismen des Ausschlusses von<br />
bestimmten Bevölkerungsgruppen und die Rolle von Institutionen im Lebenssicherungskontext<br />
liegen. 30<br />
Lebensgestaltungsstrategien umfassen die Bandbreite und Kombinationen<br />
von Aktivitäten, welche Menschen zum Zweck der Erfüllung ihrer<br />
Ziele ausüben. Menschen setzen Aktiva ein, um andere Aktiva zu erhalten,<br />
die wiederum die Basis für ihre weiteren Handlungen bilden. 31 Aktiva sind<br />
also transformierbar in dem Sinn, dass sie nicht nur Inputs für die Verfolgung<br />
bestimmter Strategien darstellen, sondern auch ein Ergebnis der jeweiligen<br />
Strategien sind. Die von den Haushalten verfolgten Strategien umfassen<br />
sowohl die Bewältigung von Belastungen und die dynamische Anpassung<br />
an neue Gegebenheiten als auch die Sondierung und Ausnutzung neuer<br />
Möglichkeiten. 32<br />
Die von den Migranten verfolgten Strategien wirken sich fundamental<br />
auf ihre Lebenssicherung aus. 33 Neben der Verwirklichung spezifischer migrationsbezogener<br />
Ziele streben die Migranten und deren Haushalte meist<br />
eine grundlegende Verbesserung des Wohlergehens und somit eine Erhöhung<br />
ihrer menschlichen Sicherheit an. 34 Die potenziellen und tatsächlichen<br />
Ergebnisse der verfolgten Strategien sind allerdings komplex und kontextabhängig,<br />
sie können sowohl negativ wie positiv ausfallen.<br />
Der Livelihood-Ansatz hat seit seiner Einführung eine sehr weite Verbreitung<br />
sowohl in der Wissenschaft als auch in der Praxis erfahren. Seine<br />
Stärke besteht darin, dass Lebenssicherungsmuster und -strategien systematisch<br />
erfasst werden können. 35 Für die Migrationsforschung kann der Ansatz<br />
daher als Hilfsmittel betrachtet werden, das zum besseren Verständnis der<br />
Lebenssituationen von Migranten sowohl im Herkunftsraum, im Zwischenraum<br />
als auch im Zielraum beiträgt.<br />
29 Bebbington, Capitals, S. 2022; Frances Cleaver, Reinventing Institutions. Bricolage<br />
and the Social Embeddedness of Natural Resource Management, in: The European<br />
Journal of Development Research, 14. 2002, S. 11–30; Benjamin Etzold u.a., Doing Institutions.<br />
A Dialectic Reading of Institutions and Social Practices and their Relevance<br />
for Development Geography, in: Erdkunde, 66. 2012, H. 3, S. 185–195.<br />
30 Hans-Georg Bohle, Vulnerability and Criticality: Perspectives from Social Geography,<br />
in: IHDP Update 2/2001.<br />
31 Van Dillen, Different Choices, S. 26.<br />
32 Chambers/Conway, Sustainable Rural Livelihoods, S. 4, 25; Michael Köberlein, Living<br />
from Waste. Livelihoods of the Actors involved in Delhi's Informal Waste Recycling<br />
Economy, Saarbrücken 2003, S. 52–54.<br />
33 DFID, Sustainable Livelihoods, S. 2–6.<br />
34 UNDP, HDR 2009, S. 27.<br />
35 Bohle, Neue Ansätze der geographischen Risikoforschung, S. 120.<br />
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