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Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück

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Boris Michel<br />

Filipinas, die ebenso wie die Verurteilte in unsicheren Verhältnissen arbeiten<br />

und leben. Flor Contemplacion wurde zudem als Symbol wahrgenommen<br />

für die Schwäche des philippinischen Staates, dem es trotz zahlreicher Interventionen<br />

nicht gelang, das Leben der Migrantin zu retten oder für die Millionen<br />

MigrantInnen in ähnlichen Situationen Arbeit und Sicherheit zu gewähren.<br />

Gegenüber dem Diskurs von Arbeitsmigration als Heldentum verkörpert<br />

die Geschichte von Flor Contemplacion die zuvor ins Private<br />

verdrängte »narrative of the overseas contract worker/domestic helper as<br />

victim«. 20 Der Fall von Flor Contemplacion wurde eben nicht als Einzelschicksal<br />

angesehen; er reihte sich stattdessen in eine bislang wenig öffentliche,<br />

aber dennoch bestehende Erzählung ein. 21<br />

Das Leitbild von MigrantInnen als modernen HeldInnen geriet als Folge<br />

solcher diskursiver Erschütterungen ins Wanken und in die Kritik. Es wurde<br />

in hohem Maße als Euphemismus empfunden, der mit den Lebensrealitäten<br />

der meisten MigrantInnen wenig zu tun habe und tatsächliche Missstände,<br />

Nöte und Zwänge übertünche. Darauf wurde von staatlicher Seite in zweierlei<br />

Weise reagiert: einerseits mit einer Verschiebung des Diskurses, andererseits<br />

mit einer – symbolischen wie tatsächlichen – Stärkung der Rechte von<br />

MigrantInnen.<br />

Insbesondere der Migrant Workers and Overseas Filipino Act von 1995 gilt<br />

hierbei als Meilenstein. Das Gesetz, das einen stärkeren Schutz von ArbeitsmigranntInnen<br />

versprach, wurde als eine Magna Carta für MigrantInnen<br />

beworben. Ziel des Migrant Workers and Overseas Filipino Act, der sich einer<br />

Rhetorik der Menschenrechte und der Rechte von MigrantInnen bedient, sei<br />

es »to […] establish a higher standard of protection and promotion of the<br />

welfare of migrant workers, their families and overseas Filipinos in distress,<br />

and for other purposes«. 22 Gerade auch von Seiten zivilgesellschaftlicher Akteure<br />

wurde dieses Gesetz als eines der progressivsten Gesetze zum Schutz<br />

von ArbeitsmigrantInnen begrüßt, da mit diesem eine Reihe von Rechten<br />

und sozialen Ansprüchen von im Ausland lebenden MigrantInnen gegenüber<br />

dem philippinischen Staat einklagbar sind – unabhängig von ihrem<br />

rechtlichen Status. Inwiefern diese Rechte gegenüber anderen Staaten durchsetzbar<br />

sind, blieb allerdings unklar, insbesondere angesichts der Tatsache,<br />

dass eine Reihe der Länder, in welche die verwundbarsten Formen der Migration<br />

stattfinden (z.B. Singapur und eine Reihe arabischer Staaten) auch<br />

jene sind, in denen die repressivsten Gesetze gegenüber Migration gelten.<br />

20 Alice Guillermon, The Filipina OCW in Extremis, in: Roland Tolentino (Hg.), Geopolitics<br />

of the Visible. Essays on Philippine Film Culture, Quezon 2000, S. 106–124,<br />

hier S. 107.<br />

21 Tyner, The Philippines, S. 68–71.<br />

22 REPUBLIC ACT NO. 80<strong>42</strong>. Migrant Workers and Overseas Filipinos Act of 1995. RA<br />

80<strong>42</strong>. http://www.poea.gov.ph/rules/ra80<strong>42</strong>.html.<br />

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