Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück
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Malte Steinbrink<br />
te verteilte, verdichtete Konfiguration alltagsweltlicher Lebenspraktiken darstellt,<br />
die relativ dauerhaft flächenräumliche Grenzen überspannt. 14<br />
Bei der Untersuchung der sozialräumlichen Zusammenhänge muss es<br />
also um die Analyse der translokalen Lebenspraktiken gehen. Hieraus ergibt sich<br />
direkt die Handlungsorientierung des vorgeschlagenen methodologischen<br />
Vorgehens. Da die alltagsweltliche Lebenspraktik großer Bevölkerungsgruppen<br />
allzu oft gleichzusetzen ist mit der Praxis des täglichen Überlebens, bietet<br />
sich die Livelihood- und Verwundbarkeitsforschung als Forschungsperspektive<br />
an. Denn diese Forschungsrichtung stellt explizit das Handeln im<br />
Kontext von Risiko und Unsicherheit in den Mittelpunkt ihres Erkenntnisinteresses.<br />
Die Idee ist es also, die sozialräumlichen Zusammenhänge, ihre Entstehung,<br />
Aufrechterhaltung und Veränderung, aus dem Blickwinkel der<br />
Livelihood-Forschung zu analysieren.<br />
1.2 Translokale Livelihoods<br />
Die Verknüpfung von translokaler Perspektive und Livelihood-Forschung<br />
steht vor dem analytischen Problem, dass die bisherige Livelihood-<br />
Forschung ihrerseits dazu tendiert, in der Containerräumlichkeit herkömmlicher<br />
Konzepte stecken zu bleiben: Unter dem Begriff des ›Livelihood‹ wird in<br />
der Entwicklungsforschung die koordinierte Nutzung der zur Verfügung<br />
stehenden materiellen und immateriellen Ressourcen sowie die Abstimmung<br />
des strategischen Handelns der Mitglieder sozialer Einheiten (meist Haushalte)<br />
mit dem Ziel der individuellen und kollektiven Bedürfnisbefriedigung<br />
und der langfristigen Existenzsicherung verstanden. 15 Diese starke Konzentration<br />
auf den Handlungsaspekt und damit auf die Mikro-Ebene der Akteure<br />
führt oft dazu, dass in den Livelihood-Studien – gleichsam einem verräumlichenden<br />
Automatismus folgend – die Mikro-Ebene mit der lokalen<br />
Ebene gleichgesetzt wird. Die untersuchten Systeme der Existenzsicherung<br />
werden demnach meist als lokal gebunden interpretiert. Das ›Lokale‹ wird so<br />
zum Betrachtungsfokus.<br />
Die zentralen Analyse- und Betrachtungseinheiten transportieren ebenfalls<br />
das containerräumliche Denken. Vor allem der Haushalt als soziale Ein-<br />
14 Ludger Pries, The Approach of Transnational Social Spaces: Responding to New<br />
Configurations of the Social and the Spatial, in: ders. (Hg.), New Transnational Social<br />
Spaces. International Migration and Transnational Companies, London 2001,<br />
S. 3–33.<br />
15 Vgl. Robert Chambers/Gordon R. Conway, Sustainable Rural Livelihoods. A Practical<br />
Concept for the 21st Century (IDS Discussion Paper 296), Sussex 1992; Elke<br />
Grawert, Der »Livelihood Approach«. Eine Analysemethode für komplexe sozioökonomische<br />
Absicherungsformen, dargestellt am Beispiel Westsudan, in: Peripherie,<br />
69. 1998, S. 67–87; Diana Carney, Sustainable Rural Livelihoods: What Contribution<br />
Can We Make?, London 1998.<br />
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