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Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück

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Hans-Joachim Wenzel<br />

beeinflussen oder gar zu steuern. Seit Beginn der 1990er Jahre versuchen sie<br />

ihre stark (oder ausschließlich) ökonomisch neoliberal konzipierte Migrationssteuerungspolitik<br />

zunehmend mithilfe neuer Formen der multilateralen<br />

regionalen und globalen Zusammenarbeit unter Einbeziehung internationaler<br />

Organisationen (beispielsweise »Migrationsmanagement« durch die Internationale<br />

Organisation für Migration, IOM) durchzusetzen. 35<br />

Die geographische Entwicklungsforschung reagiert auf diese neuen<br />

globalen Entwicklungen und Transformationen in Bezug auf Weltmarkt,<br />

Welthandel, Weltfinanzsystem, Weltkonzerne, weltweite Organisationen und<br />

auch transkontinentale Migrationen mit dem Entwurf eines neuen Theorieansatzes,<br />

nämlich der Theorie der fragmentierenden Entwicklung. 36 Dieser<br />

Versuch zur Beschreibung und Erklärung globalisierter Entwicklungsrealitäten<br />

trägt der Tatsache Rechnung, dass die Idee einer ›nachholenden Entwicklung‹,<br />

wie sie noch von den ›alten‹ Großtheorien (z.B. Modernisierungs- und<br />

Dependenztheorie) angestrebt wurde, als umfassendes Entwicklungskonzept<br />

nicht mehr trägt. Der empirisch feststellbaren Pluralisierung von Entwicklungspfaden<br />

und -regionen entspricht die heutige Heterogenität von Entwicklungskonzepten.<br />

37 Scholz 38 unterscheidet in seiner Theorie der fragmentierenden<br />

Entwicklung zwischen drei grundlegenden Raumtypen, die weltweit<br />

die gesellschaftlich-räumlichen Strukturen bestimmen: die globalen<br />

Orte, die globalisierten Orte und die ausgegrenzte Restwelt. Erstere fungieren<br />

quasi als stark vernetzte ›Global Players‹, sie repräsentieren die Standorte<br />

weltwirtschaftlich aufgestellter Unternehmen, globalisierter Finanzdienstleister,<br />

internationaler Organisationen und sind Trendsetter hinsichtlich übergreifender<br />

kultureller Veränderungen und Werteorientierungen. Globalisierte<br />

Orte werden abgestuft als zum Teil abhängige Hinterhöfe der Globalisierung<br />

begriffen, wo wichtige Produktionsstandorte, Rohstoffgewinnungsgebiete<br />

oder Zentren des (Fern)Tourismus liegen, die alle in viele globale<br />

Bezüge eingebettet sind. Deutlich davon abgesetzt ist die benachteiligt angekoppelte<br />

›Restwelt‹, die fremdgesteuert und nur passiv von Globalisierungseinflüssen<br />

betroffen ist. Dazu zählen große Teile des Südens, die weitgehend<br />

auf Subsistenzwirtschaft und lokale Produktionssysteme zurückgeworfen<br />

werden, und ausgegrenzte soziökonomische Problemgebiete im Norden, z.B.<br />

35 Sara Kalm, Liberalizing Movements? The Political Rationality of Global Migration<br />

Management, in: Martin Geiger/Antoine Pécoud (Hg.), The Politics of International<br />

Migration Management, Basingstoke 2010, S. 21–44.<br />

36 Fred Scholz, Die Theorie der fragmentierenden Entwicklung, in: Geographische<br />

Rundschau, 54. 2002, H. 10, S. 6–11.<br />

37 Detlef Müller-Mahn, Die Auflösung von Norden und Süden: Geographische Aspekte<br />

der Entwicklungsdebatte, in: Hans Gebhardt u.a. (Hg.), Geographie. Physische<br />

Geographie und Humangeographie, München 2007, S. 853–867.<br />

38 Scholz, Geographische Entwicklungsforschung, S. 221f.<br />

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