Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück
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Translokale Livelihoods in Südafrika<br />
Speziell auch für die Livelihood- und Verwundbarkeitsforschung bedeutet<br />
die Einsicht, dass die starke räumliche Mobilität die Sinnhaftigkeit<br />
containerräumlich befangener Betrachtungsweisen grundsätzlich in Frage<br />
stellt, die Notwendigkeit eines relativ weit reichenden Perspektivenwechsels.<br />
Um die translokalen Verflechtungszusammenhänge und ihre Bedeutung für<br />
die Existenzssicherung erklären zu können, muss der lokale Blick der bisherigen<br />
Livelihood-Forschung erweitert werden.<br />
Dieser Aufsatz will einen Beitrag zur Entwicklung einer translokalen<br />
Perspektive leisten. Diese soll einen alternativen Blick auf zentrale entwicklungsrelevante<br />
Fragestellungen eröffnen, die ohne einen solchen Perspektivenwechsel<br />
analytisch nur schwer zu fassen sind.<br />
1 Ein Analysemodell des Translokalen<br />
Das hier vorzustellende Konzept der Translokalität ist ein Gegenentwurf zu<br />
einem entwicklungsgeographischen Denken, das nach wie vor stark von containerräumlichen<br />
Konzepten geprägt ist. 11 Bei der Entwicklung des Konzepts<br />
tauchen relativ viele ›große Begriffe‹ auf, die jeweils Gegenstand sehr umfangreicher<br />
wissenschaftlicher Debatten sind. Auf eine diskursive Auseinandersetzung<br />
mit ihnen muss an dieser Stelle weitgehend verzichtet werden.<br />
Das hier vorgestellte Modell soll daher eher als eine Skizze verstanden werden.<br />
12<br />
1.1 Translokale soziale Räume<br />
Den gedanklichen Ausgangspunkt zur Konzeptualisierung der Translokalität<br />
bildet die Idee des Sozialraums. 13 Der Sozialraum soll hier als sozialer Verflechtungszusammenhang<br />
zwischen Akteuren verstanden werden. Er ist zunächst<br />
unabhängig von geographischen Grenzziehungen und erhält erst im<br />
zweiten Schritt ›geographische Relevanz‹, dann nämlich, wenn nach dem Wo<br />
der in diese Verflechtungszusammenhänge eingebundenen Akteure gefragt<br />
wird. Wenn sich die ›sozial vernetzten‹ Akteure an unterschiedlichen Orten<br />
aufhalten, kann man von translokalen sozialen Räumen sprechen. In Anlehnung<br />
an Ludger Pries’ Begriffsbestimmung von transnationalem sozialen<br />
Raum soll der translokale Sozialraum hier als pluri-lokaler sozialer Verflechtungszusammenhang<br />
verstanden werden, der sich als eine über mehrere Or-<br />
11 Vgl. Lohnert/Steinbrink, Rural and Urban Livelihoods.<br />
12 Für eine ausführliche Darstellung des ›Modells des Translokalen‹ vgl. Steinbrink,<br />
Leben zwischen Land und Stadt, S. 95–141.<br />
13 Um Verwirrungen vorzubeugen, wird hier explizit darauf hingewiesen, dass im Folgenden<br />
nicht auf den bourdieuschen Sozialraum-Begriff (vgl. Pierre Bourdieu, Sozialer<br />
Raum und Klasse, Frankfurt a.M. 1985) zurückgegriffen wird, sondern auf das<br />
auch von Ludger Pries in Anspruch genommene Sozialraumkonzept.<br />
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