Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück
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Translokale Livelihoods in Südafrika<br />
heit und Träger des Livelihood-Systems wird in den Studien meist über das<br />
konventionelle Kriterium des ›Lebens unter einem Dach‹ bestimmt. So wird<br />
die Vorstellung impliziert, als würden die Wände des Hauses nicht nur den<br />
Wohnraum, sondern auch den sozialen Zusammenhang begrenzen. Das gleiche<br />
gilt auch für das herkömmliche Konzept von Community. 16 Viele der bisherigen<br />
Livelihood-Studien stehen konzeptionell in der Tradition der klassischen<br />
Gemeindeforschung. Oft wird relativ unhinterfragt die Gemeinschaftlichkeit<br />
gewissermaßen als Produkt der räumlichen Nähe angenommen, und<br />
die Grenzen der sozialen Gemeinschaft werden mit den territorialen Gemeindegrenzen<br />
gleichgesetzt. Die Lokalität wird als Definitionskriterium genutzt<br />
und bestimmt so den lokalen Fokus der Betrachtung. Die Konzepte<br />
verstellen leicht den Blick auf die Interaktionszusammenhänge, die über die<br />
territorialen Grenzen hinausreichen.<br />
Um translokale sozialräumliche Verflechtungszusammenhänge und<br />
ihre Bedeutung für die Existenzsicherung der eingebundenen Akteure mithilfe<br />
der Livelihood-Perspektive analysieren zu können, muss die Forschungsperspektive<br />
aus der lokalen Enge der Containerräumlichkeit befreit<br />
und die Konzepte müssen angepasst werden. 17 So kann der Weg geebnet<br />
werden, die Livelihood-Systeme als translokale Livelihoods zu erkennen und<br />
zu untersuchen. Die den translokalen Sozialraum konstituierenden translokalen<br />
Handlungen lassen sich so als strategische Handlungen im Umgang<br />
mit Risiko- und Unsicherheitsbedingungen analysieren.<br />
1.3 ›Dualität des Translokalen‹<br />
Für die Untersuchung der translokalen sozialräumlichen Strukturen ist es erforderlich,<br />
das dialektische Verhältnis von translokaler Handlung und<br />
translokaler Verflechtungsstruktur in die analytischen Überlegungen mit einzubeziehen.<br />
Das wechselseitige Bedingungsverhältnis soll – in lockerer Anlehnung<br />
an Anthony Giddens18 – als ›Dualität des Translokalen‹ bezeichnet<br />
werden. Danach betrifft die Konstitution von translokalem Handeln und<br />
translokalen Verflechtungsstrukturen nicht zwei unabhängig voneinander<br />
gegebene Mengen von Phänomenen – einen Dualismus –, vielmehr stellen<br />
beide Momente eine Dualität dar.<br />
Gemäß diesem Begriff der ›Dualität des Translokalen‹ sind die Strukturmomente<br />
sozialer Verflechtungszusammenhänge sowohl Medium wie<br />
16 Vgl. Martin Albrow u.a., The Impact of Globalization on Sociological Concepts:<br />
Community, Culture and Milieu, in: John Eade (Hg.), Living the Global City, London<br />
1997, S. 20–36.<br />
17 Zu den Konzepten von ›translokalen Haushalten‹ und ›translokaler Community‹<br />
vgl. Lohnert/Steinbrink, Rural and Urban Livelihoods.<br />
18 Anthony Giddens, Central Problems in Social Theory, Berkeley 1979; ders., The Constitution<br />
of Society: Outline of a Theory of Structuration, Berkeley 1984.<br />
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