Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück
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Martin Geiger und Malte Steinbrink<br />
Angesichts der hohen politischen und gesellschaftlichen Relevanz, die<br />
den Themen Migration und Entwicklung im Zuge des allgemeinen ›Migration<br />
& Development-Hypes‹ beigemessen wird, erstaunt es nicht, dass auch die<br />
deutschsprachige Geographie in den Sog dieses ›Megathemas‹ geraten ist.<br />
Der disziplinhistorische Rückblick auf die geographische Forschungspraxis<br />
der vergangenen Jahrzehnte hat indes gezeigt, dass sie sich bereits seit<br />
Langem dem Zusammenhang zwischen Migration und Entwicklung widmet<br />
und dass die deutschsprachige geographische Migrationsforschung sogar im<br />
globalen Süden ihren Anfang nahm. Die Geographie kann also auf eine Forschungstradition<br />
in diesem Feld zurückblicken. Insbesondere die Teildisziplin<br />
der Geographischen Entwicklungs(länder)forschung untersuchte stets<br />
auch die Bedeutung von Wanderungsbewegungen für gesellschaftliche und<br />
ökonomische Entwicklungsprozesse. Während des Theorienstreits (Modernisierung<br />
vs. Dependenz) war sie noch in einer Art ›ideological trap‹ gefangen,<br />
doch mit Beginn der 1990er Jahre hielt sie Ausschau nach neuen Möglichkeiten<br />
zur theoretischen Konzeptionalisierung der entwicklungsbezogenen Implikationen<br />
von Migration.<br />
Die migrationsbezogenen Studien in Entwicklungsländern firmierten<br />
lange Zeit hauptsächlich als Geographische Entwicklungsforschung. Die entsprechenden<br />
Studien standen losgelöst neben dem anderen Strang migrationsbezogener<br />
Forschung, der sich in den 1960er Jahren im Zuge der ›Gastarbeiter‹-Zuwanderung<br />
nach Europa entwickelt hatte. Innerhalb dieses Forschungsstrangs<br />
rückte ab Mitte der 1980er Jahre vermehrt das Thema der<br />
gesellschaftlichen Eingliederung/Ausgrenzung in den Mittelpunkt. 105<br />
Es ist vor allem dieser zweite Bereich migrationsgeographischer Forschungsaktivitäten,<br />
aus dem heraus sich das entwickelte, was heute gemeinhin<br />
als ›Geographische Migrationsforschung‹ bezeichnet wird. 106 Für diese Forschungsrichtung<br />
standen die Länder des globalen Südens und deren ›Entwicklung‹<br />
zunächst nicht im Fokus des Forschungsinteresses.<br />
105 Vgl. Geiger, Europäische Migrationspolitik und Raumproduktion, S. 35–41.<br />
106 Erstaunlicherweise wurden die Bezeichnungen ›Migrationsgeographie‹ und ›Geographische<br />
Migrationsforschung‹ in den vergangenen Jahrzehnten nur selten verwendet.<br />
Im Rahmen der Jahrestagung des Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelle<br />
Studien (<strong>IMIS</strong>) der <strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong> hat sich im November 2009<br />
ein eigener Arbeitskreis gegründet. Die Mitglieder dieses AK Geographische Migrationsforschung<br />
(seine Sprecher sind derzeit Andreas Farwick, Felicitas Hillmann und<br />
Andreas Pott) verfolgen das Anliegen, internationale Migration und Integration aus<br />
den Perspektiven verschiedener Teilbereiche der Geographie in den Blick zu nehmen,<br />
die Geographische Migrationsforschung innerhalb der deutschsprachigen<br />
Humangeographie weiterzuentwickeln und gegenüber anderen wissenschaftlichen<br />
Disziplinen zu stärken: Andreas Farwick u.a., Arbeitskreis Geographische Migrationsforschung<br />
gegründet, in: Rundbrief Geographie, 222. 2010, S. <strong>42</strong>f. Siehe auch die<br />
Homepage: http://www.geographische-migrationsforschung.uni-osnabrueck.de/<br />
home.html (15.2.2012).<br />
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