Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück
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Translokale Livelihoods in Südafrika<br />
»tribal rural identity«. 28 Banks ergänzte 1999 diese Sichtweise; er stellt dar,<br />
dass die Identitätskonstruktion der Migranten in der Stadt ebenso als Ausdruck<br />
einer neuen »urban survival culture« gesehen werden kann. 29<br />
In dem hier interessierenden Zusammenhang soll der Unterscheidung<br />
zwischen rural und urban zunächst keine analytische Relevanz beigemessen<br />
werden. Die Abakhaya-Group wird hier als translokales Phänomen verstanden.<br />
Die folgenden Abschnitte sollen dazu dienen, kurz die Entstehung der<br />
Abakhaya-Group aus dem Translokalisierungsprozess heraus zu erklären<br />
und darauf folgend soll dargestellt werden, welche Bedeutung die Abakhaya-Group<br />
für die Funktion der translokalen Livelihood-Systeme hat.<br />
3.1 Translokalisierung und die Entstehung der Abakhaya-Group<br />
Die ersten Migranten aus Nomhala lebten und arbeiteten bereits seit 1989,<br />
also vor der Siedlungsgründung von Site 5, ohne behördliches Aufenthaltsrecht<br />
in der Nähe des heutigen Siedlungsgebietes. Über Nacht versteckten sie<br />
sich mit etwa 100 weiteren Menschen in einem Feuchtgebiet. Sie schliefen in<br />
provisorischen Unterkünften oder unter Plastikplanen, um sich notdürftig<br />
vor den Witterungseinflüssen zu schützen. Gegen diese ›illegale Landbesetzung‹<br />
gingen die südafrikanischen Ordnungskräfte vor und vertrieben die<br />
Menschen mehrfach und teils mit Gewalt aus der damaligen White Group<br />
Area. Es wurde ohne Erfolg versucht, die squatter nach Khayelitsha (Site C)<br />
umzusiedeln. Erst 1991 wurde ihre Anwesenheit toleriert. Das Textfeld auf<br />
der folgenden Seite umreißt kurz die Migrationsbiographien der ersten Migranten<br />
aus Nomhala, um die Anfänge des Translokalisierungsprozesses<br />
zwischen Nomhala und Site 5 zu illustrieren. 30<br />
Die ersten Migranten waren die Anlaufpunkte für viele nachfolgende<br />
Migranten aus dem Dorf. Sie bildeten die Kristallisationspunkte der Netzwerkbildung<br />
und fungierten im Translokalisierungsprozess gewissermaßen<br />
als sozialräumliche Expandisten. Die Schaubilder 3 und 4 visualisieren den Prozess<br />
der Kettenmigration über den Zeitraum von 1989 bis 2005. An der Zeitleiste<br />
lässt sich ablesen, wann welcher Akteur nach Site 5 migrierte, und die<br />
Linien zwischen den Symbolen zeigen an, wer jeweils die erste Anlaufstation<br />
für den ankommenden Migranten war.<br />
28 Vgl. Philip Mayer/Ilona Mayer, Townsmen or Tribesmen: Conservatism and the<br />
Process of Urbanization in a South African City, 2. überarb. Aufl. Kapstadt 1971.<br />
29 Lesley Banks, Men with Cookers. Transformations in Migrant Culture, Domesticity<br />
and Identity in Duncan Village, East London, in: Journal of Southern African Studies,<br />
25. 1999, H. 3, S. 393–416.<br />
30 Für die Bedeutung des Fußballspielens für den Translokalisierungsprozess vgl. Malte<br />
Steinbrink, Fußball-Spiel und Wander-Arbeit, in: Geographische Revue, 12. 2010,<br />
H. 2, S. 7–27.<br />
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