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Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück

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Malte Steinbrink<br />

Diese Ergebnisse deuten an, dass die Migration ein wichtiger Aspekt<br />

des überlebensstrategischen Handelns der Menschen in Nomhala ist. Zu<br />

Recht ließe sich einwenden, dass dies schon lange der Fall sei; hier soll jedoch<br />

dargestellt werden, dass sich im Zuge des gesellschaftlich-politischen Transformationsprozesses<br />

auch die Ausprägung des Migrationsphänomens substantiell<br />

verändert hat; und zwar von einer staatlich institutionalisierten Arbeitswanderung<br />

zu informellen Migrationsnetzwerken 24 :<br />

Seit Langem migrieren Arbeitskräfte aus der Region um Tsolo und<br />

Qumbu. Die Bevölkerung war vor dem Zusammenbruch des Apartheidregimes<br />

tief verwoben in das hoch institutionalisierte ausbeuterische System<br />

der Arbeitswanderung des ›alten‹ Südafrikas. Das migrant labour system stellte<br />

das Rückgrat der politischen Ökonomie des Apartheidstaates dar. Es baute<br />

auf der zirkulären Migration von Arbeitskräften zwischen den ländlichen<br />

Gebieten der Homelands und den urban-industriellen Zentren auf. Mittels<br />

seiner Politik der Rassentrennung schaffte der Staat den institutionellen<br />

Rahmen, um Arbeitskraft aus dem ländlichen, nicht-kapitalistischen Sektor<br />

abzuschöpfen. 25<br />

Die Dorfbevölkerung Nomhalas war in einem hohen Maße von der Arbeitswanderung<br />

abhängig. Die politischen, ökonomischen und gesetzlichen<br />

Rahmenbedingungen zwangen die Haushalte zu einer Anpassung der Livelihood-Systeme<br />

im Sinne des Regimes. Hierzu gehörte die Arbeitsmigration<br />

genauso wie die Rücküberweisungen und die Investition seitens der Migranten<br />

in die ländlichen imizi (Gehöfte, homesteads). Letztere waren die Mittelpunkte<br />

der landwirtschaftlichen Subsistenzproduktion und der Reproduktion<br />

von Arbeitskraft. Die Geldsendungen sicherten das Überleben der Haushalte.<br />

Gleichzeitig aber bildeten die Rücküberweisungen einen Eckpfeiler des<br />

ausbeuterischen Systems, weil sie eine Grundvoraussetzung für die Externalisierung<br />

der Reproduktionskosten für die im industriell-kapitalistischen Sektor<br />

benötigte Arbeitskraft waren.<br />

Mit dem Ende der Apartheid entstanden neue Möglichkeiten für die<br />

Bevölkerung Nomhalas. Sie eröffneten sich jedoch kaum im lokalen Kontext,<br />

denn die wirtschaftliche Situation im Dorf hat sich entgegen der Hoffnung<br />

der Menschen nicht substantiell verbessert. Die Opportunitäten entstanden,<br />

wenn überhaupt, andernorts. Um diese zu nutzen, bleibt die Migration die<br />

entscheidende Vorbedingung und damit weiterhin eine zentrale Handlungsstrategie<br />

zur Existenzsicherung.<br />

24 Vgl. im Folgenden auch Malte Steinbrink, The Role of Amateur Football in Circular<br />

Migration Systems in South Africa, in: Africa Spectrum, 2010, H. 2, S. 35–60.<br />

25 Harold Wolpe, Capitalism and Cheap Labour Power in South Africa, in: Economic<br />

and Society, 1. 1972, H. 4, S. <strong>42</strong>5–456.<br />

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