Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück
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Sedentarismus als Konstante der Migrationsforschung in Afrika<br />
»Place is an organized world of meaning. It is essentially a static concept. If we see<br />
the world as process, constantly changing, we should not be able to develop any<br />
sense of place«. 30<br />
Zwar gesteht auch Tuan ein, dass Bewegung ebenso bedeutungsvoll sein<br />
kann wie Stasis, allerdings verweist er dabei vor allem darauf31 , dass Menschen<br />
eine ausgeprägte Anpassungsfähigkeit besitzen und den Verlust des<br />
Zuhauses kompensieren, indem sie sich an andere Orte anpassen, Routinen<br />
und Gewohnheiten entwickeln und dadurch erneut ›heimisch‹ werden können.<br />
32 Auch darin wird also erneut der charakteristische Weg der humanistic<br />
geography deutlich, Mobilität nicht als vordergründige und selbstverständliche<br />
Angelegenheit zu behandeln, sondern vielmehr als potentielles Problem<br />
aufzufassen, welchem man nur mit der Schaffung von Ortsverbundenheit<br />
und erneuter Verwurzelung begegnen kann.<br />
2.2 Sedentarismus in der Spatial Interaction Theory<br />
Ein weiteres Beispiel für die theoretische Auseinandersetzung mit menschlicher<br />
Bewegung innerhalb der Geographie ist der quantitative Ansatz der<br />
Spatial Interaction Theory. 33 Obgleich Mobilität hier im Zentrum des Interesses<br />
steht, geht der Ansatz doch von der Annahme aus, dass Stabilität und Beständigkeit<br />
– also Sesshaftigkeit – das natürliche Ideal sind. Bewegung wird<br />
auch hier als etwas eigentlich Unerwünschtes konzeptualisiert. Die Hauptthese<br />
ist die, dass Menschen ebenso wie Dinge sich nicht bewegen, wenn sie<br />
nicht müssen, also gezwungen werden. Gemäß der Spatial Interaction Theory<br />
ist Bewegung das Resultat einer rationalen Entscheidung. Räumliche Mobilität<br />
ist demnach das Ergebnis einer Kette von Abwägungen, an deren Ende<br />
ein Ort als besser eingeschätzt wird als ein anderer:<br />
»In the strictest sense, people’s wants with respect to goods, contacts, information,<br />
etc., cannot be satisfied at any one given location. Therefore, it follows that their<br />
wants must be met from other locations. Movement occurs to the extent that people<br />
have the ability to satisfy their desires with respect to goods, services, information,<br />
or experience at some location other than their present one, and to the extent that<br />
these other locations are capable of satisfying such desires«. 34<br />
Die Bewegung, die zwischen zwei Orten erfolgt, wird aus deren Eigenschaften<br />
heraus erklärt, ohne die Bewegung als solche als eigenständiges Thema<br />
30 Ebd., S. 179.<br />
31 Ebd., S. 149f.<br />
32 Ders., Topophilia: A Study of Environmental Perception, Attitudes and Values, Eaglewood<br />
Cliffs 1974, S. 2<strong>42</strong>.<br />
33 Cresswell, On the Move, S. 27–30.<br />
34 John Carl Lowe/Steve Moryadas, The Geography of Movement, Boston 1975, S. 2.<br />
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