Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück
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Martin Geiger und Malte Steinbrink<br />
Ein kritischerer Blick enttarnt indes die zugrundeliegende politische<br />
Rationalität der angesprochenen Foren, Programme, Strategien etc.; denn aus<br />
Sicht der Zielstaaten verfolgen die neuen Politiken zu Migration & Development<br />
eine altbekannte Zielsetzung: So sollen die ›auslösenden‹ Begründungsfaktoren<br />
und Ursachen (root causes) von Einwanderung im Herkunftsgebiet<br />
bekämpft werden, um die Notwendigkeit zu Migration und somit diese<br />
selbst zu verringern: »While development-oriented actions can help tackling<br />
the root causes of migratory flows, migration can, in turn, contribute positively<br />
to development, including economic growth, social empowerment and<br />
technological progress.« 19<br />
Tatsächlich bedeutet die aktuelle Auseinandersetzung mit Migration &<br />
Entwicklung demnach weniger wirklich neue Inhalte als vielmehr eine neue<br />
Rhetorik, die den Migranten eine veränderte Rolle zuweist: Sie werden gewissermaßen<br />
zu ›Entwicklungshelfern‹ erklärt. 20 Indem ihre Migration (und<br />
deren materielle Folgewirkungen) als ein innovatives tool der Entwicklungshilfe<br />
betrachtet wird, bürdet man ihnen gleichzeitig die Verantwortung für<br />
›Entwicklung‹ bzw. ›Unterentwicklung‹ auf. 21 Es scheint, als hätten wir es<br />
hier außerdem mit einem politischen Paradoxon zu tun: Migration als Instrument<br />
zur Migrationsvermeidung.<br />
Obwohl auf dem politischen Parkett das entwicklungsfördernde Potenzial<br />
– die benefits – von internationaler Migration in den Vordergrund gestellt<br />
wird 22 und in dem Zuge die Wanderung sowie die Rücküberweisungen als<br />
Instrumente – development tools 23 – betont werden, ist es fraglich, ob die<br />
neuen globalen und einzelstaatlichen Aktivitäten auf der Schnittfläche der<br />
beiden Politikbereiche wirklich Ausdruck eines weltpolitischen ›Gesinnungswandels‹<br />
sind. Nähern wir uns auch realpolitisch einem »Age of Migration«<br />
24 , in welchem globale Wanderungsbewegungen nicht mehr als national-<br />
port Feeding into the Development of a Diaspora Engagement Framework for Zambia,<br />
http://www.iom.int/jahia/webdav/shared/shared/mainsite/activities/count<br />
ries/docs/zambia/Zambian-Diaspora-survey-Report.pdf (15.1.2012).<br />
19 International Organization for Migration (IOM)/Kingdom of Belgium, Migration<br />
and Development: www.migrationdevelopment.org (1.1.2012).<br />
20 Siehe hierzu auch den Beitrag von Boris Michel in diesem <strong>Heft</strong>.<br />
21 Parvati Raghuram weist kritisch darauf hin, dass durch diese Privatisierung letztlich<br />
auch die negativen Folgen bzw. die ausbleibenden Erfolge den Migranten zugeschrieben<br />
werden: Raghuram, Which Migration. What Development?, S. 103–117.<br />
22 Vgl. Abella/Martin, Migration and Development, S. 437.<br />
23 Siehe Ronald Skeldon, International Migration as a Tool in Development Policy. A<br />
Passing Phase?, in: Population and Development Review, 34. 2008, S. 1–18; Devesh<br />
Kapur, Remittances. The New Development Mantra?, New York/Genf 2004.<br />
24 Stephen Castles/Mark J. Miller, The Age of Migration. International Population<br />
Movements in the Modern World, New York 1993.<br />
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