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Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück

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Martin Geiger und Malte Steinbrink<br />

Forschungsperspektive ableiten: Statt lediglich Wanderungsvorgänge zwischen<br />

sowie Entwicklungsprozesse in bestimmten Räumen (Ländern, Regionen,<br />

Kontinenten) zu betrachten, stünden nunmehr auch folgende Fragen im<br />

Zentrum: (1) Wie wird im medialen, politischen und wissenschaftlichen Migration<br />

& Development-Diskurs über Raum gesprochen? (2) Welche Raumkonstrukte<br />

und raumbezogenen Semantiken werden im Rahmen dieses Diskurses<br />

(re-)produziert? (3) Welche Akteure sind an diesem Konstruktionsprozess<br />

beteiligt? (4) Welchen Interessen unterliegen die Prozesse der kommunikativen/diskursiven<br />

Raumkonstruktion? (5) Welche Effekte und Folgewirkungen<br />

haben die Raumkonstruktionen für die politische Praxis und damit direkt<br />

oder indirekt für die Handlungsoptionen und Lebenswirklichkeiten von<br />

Individuen (mover und stayer) sowie für die gesamtgesellschaftliche Situation<br />

in Herkunfts-, Transit- und Zielländern?<br />

Vor allem die letzte Frage macht deutlich, dass die konstruktivistische<br />

Perspektive nicht als Alternativ- oder Gegenkonzept zu den oben skizzierten<br />

migrationswissenschaftlichen Ansätzen (Transnationalismus, Migrationssystem,<br />

Netzwerkansätze) betrachtet werden sollte, sondern als komplementäre<br />

Blickweise. Es zeichnen sich vielversprechende An- und Verknüpfungsmöglichkeiten<br />

ab: Handlungs- und akteursbezogen ergeben sich beispielsweise<br />

gute Anschlüsse an die Diskussion zur »Autonomie von Migration« 99 und<br />

neuen Regierungsweisen zu Migration: Inwieweit tragen Migranten mit ihrer<br />

Migration im Sinne eines »Geographie-Machens« (Benno Werlen 100 ) zur<br />

Konstruktion von transnational social spaces bei, während Staaten oder andere<br />

Organisationen neue Räume (z.B. Schengen, EU-Raum der Freiheit, der Sicherheit<br />

und des Rechts) schaffen, um der Infragestellung des territorialstaatlichen<br />

Prinzips entgegenzuwirken, sprich, um Migration zu steuern? 101<br />

Aus kommunikations- bzw. diskurstheoretischer Sicht ließe sich in Bezug auf<br />

die neuen transnationalen sozialen Wirklichkeiten fragen: Welche Funktion<br />

hat die Rede über Räume (sei es Herkunftsraum [Heimat] oder Zielregion)<br />

innerhalb der grenzüberspannenden (translokalen/transnationalen) migrantischen<br />

Netzwerke? Zudem lässt sich auf diese Weise verdeutlichen, dass<br />

99 Siehe u.a. Yann Moulier Boutang, Nicht länger Reservearmee. Thesen zur Autonomie<br />

der Migration und zum notwendigen Ende des Regimes der Arbeitsmigration,<br />

in: Subtropen. Beilage zur Wochenzeitung ›Jungle World‹, 12. 2002, S. 1–3.<br />

100 Vgl. Werlen, Sozialgeographie alltäglicher Regionalisierungen, Bde. 1 und 2.<br />

101 Siehe beispielsweise Benjamin Etzold, Illegalisierte Migration in der Flüssigen Moderne.<br />

Migration aus Afrika und die europäische Grenzsicherungspolitik, Berlin<br />

2009; Martin Geiger, Offshore Europäisierung; Felicitas Hillmann, Italien. Das europäische<br />

»Ellis Island« der 90er Jahre?, in: Klaus M. Schmals (Hg.), Migration und<br />

Stadt, Opladen 2000, S. 183–202; dies., Das europäische Migrationssystem. Facetten<br />

einer neuen Geographie der Migration in Europa, Stuttgart 2008; dies., Migration als<br />

räumliche Definitionsmacht?<br />

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