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Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück

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Julia Verne und Martin Doevenspeck<br />

on‹ darin, dass den Aufbruchsentscheidungen in der Regel vielfältige,<br />

komplex miteinander verwobene Ursachen und Motive zugrunde liegen.<br />

Außer bei Fällen von Flucht als einer unmittelbaren Reaktion auf Extremereignisse<br />

erscheint es daher analytisch nahezu unmöglich, ohne starke<br />

Vereinfachungen eine Wanderungsbewegung als umweltinduziert zu bestimmen.<br />

Es mag banal erscheinen, auf die Bündel von Migrationsmotiven<br />

hinzuweisen, aber die Debatte um Klima und Migration85 zeigt erneut,<br />

dass in stark politisierten Themenfeldern grundlegende Erkenntnisse der<br />

Migrationsforschung und -theorie schlichtweg ausgeblendet werden.<br />

c) Politische Instrumentalisierung: Es erscheint sehr zweifelhaft, dass – wie<br />

Kibreab86 argumentiert – das Konzept der Umweltmigration Resultat einer<br />

Strategie westlicher Politiker ist, um internationale Migration zu entpolitisieren<br />

und damit die Verpflichtung zur Gewährung von Asyl zu<br />

umgehen. Erstaunlich ist jedoch, dass ein analytisch so wenig tragfähiges<br />

Konzept in den Agenden einflussreicher und diskursbestimmender internationaler<br />

Organisationen wie z.B. UNEP, IPCC, UNU und IOM so prominent<br />

vertreten ist. Für zukünftige Arbeiten zum Klimawandel wäre es<br />

daher interessant, diesen Diskurs selbst zum Gegenstand der Forschung<br />

zu machen, um die interne Logik des Agenda-Settings in verschiedenen<br />

internationalen Organisationen in einer Weise zu rekonstruieren, wie es<br />

McNamara87 für die UN versucht hat.<br />

Ungeachtet dieser durch vielfältige empirische Studien untermauerten Kritik<br />

ist Afrika, und hier insbesondere der westliche Sahel, für den Studien bereits<br />

früh belegt haben, dass Migration in Dürreperioden ab- statt zunimmt88 , weiterhin<br />

eine der beliebtesten Spielwiesen für wilde Rechenbeispiele von Protagonisten<br />

der Umweltmigrationsdebatte. So heißt es z.B. bei Hammer: »It<br />

seems very likely that hundreds of thousands of people from rural Sahel regions<br />

are displaced every year as a consequence of environmental change<br />

and desertification«. 89<br />

85 Für einen zusammenfassenden Überblick: Robert A. McLeman/Lori M. Hunter, Migration<br />

in the Context of Vulnerability and Adaptation to Climate Change: Insights<br />

from Analogues (WIREs Climate Change, 1. 2010), S. 450–461. DOI: 10.1002/wcc.51<br />

86 Kibreab, Environmental Causes and Impact of Refugee Movements.<br />

87 Karen McNamara, Conceptualizing Discourses on Environmental Refugees at the<br />

United Nations, in: Population & Environment, 29. 2007, S. 12–24.<br />

88 Sally E. Findley, Does Drought Increase Migration? A Study of Migration From Rural<br />

Mali during the 1983–85 Drought, in: International Migration Review, 28. 1994, S.<br />

539–553; Abdou Salam Fall, Migrants' Long-distance Relationships and Social Networks<br />

in Dakar, in: Environment and Urbanization, 10. 1998, S. 135–145; Arjan de<br />

Haan/Ben Rogaly, Introduction: Migrant Workers and Their Role in Rural Change,<br />

in: The Journal of Development Studies, 38. 2002, S. 1–14.<br />

89 Thomas Hammer, Desertification and Migration. A Political Ecology of Environmental<br />

Migration in West Africa, in: Jon D. Unruh/Maarten S. Krol/Nurit Kliot<br />

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