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Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück

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Sedentarismus als Konstante der Migrationsforschung in Afrika<br />

environment in the broader political and cultural context of a region or country<br />

can one begin to understand its ›role‹ as a factor in population movement«. 96<br />

Die Interviews mit solchen Migranten, die im Fragebogen auf Bodendegradation<br />

als Migrationsgrund verwiesen hatten, deuten darüber hinaus auf eine<br />

weitere Relativierung von umweltbedingten Motiven hin. Denn es ist naheliegend,<br />

dass bei einer Befragung von Bauern der Zugang zu fruchtbarem<br />

Land der offensichtlichste Aspekt ist, auf den man auch rekurrieren kann,<br />

um in einer Interviewsituation sensiblere Themen zu umgehen. Ein Migrant<br />

aus Natitingou sagt dazu:<br />

»Ich habe mein Dorf verlassen, weil meine Familie ein Opfer von Hexerei war. Es<br />

gibt viele Dinge, die die Leute dazu bringen können wegzugehen. Aber wenn sie<br />

gehen, dann sagen sie, es ist weil sie zu wenig Land haben«. 97<br />

Als weiteres Ergebnis lässt sich festhalten, dass über zwei Drittel der Bauern<br />

nicht direkt aus ihrer Heimatregion an den Ort der Befragung gewandert waren,<br />

sondern bereits mehrere Wanderungsstationen im Laufe ihres Lebens<br />

durchlaufen hatten. Diese Mehrfachwanderungen wurden bislang kaum beachtet,<br />

gehören aber zu den wichtigsten Aspekten intraruraler und ruralurbaner<br />

Mobilitätsphänomene, ohne deren Analyse räumliche Bevölkerungsbewegungen<br />

nicht verstanden werden können. 98 Auch durch biographische<br />

Interviews rückt die zeitliche Dimension von Migration in den Vordergrund:<br />

Wanderungsmotive ändern sich im Zeitverlauf, können aber auch bestehen<br />

bleiben, und translokale Netzwerke führen zur Perpetuierung und Selbstreproduktion<br />

der Binnenwanderung, die angesichts der hohen Mobilität als<br />

Normalfall und nicht als Ausnahme angesehen werden sollte.<br />

Auch hinsichtlich der Folgen vergleichbarer Wanderungsprozesse in<br />

Westafrika ist für Hammer »die Migrationsbekämpfung ein durchaus sinnvolles<br />

Ziel ländlicher Entwicklungsanstrengungen« 99 , denn »Bevölkerungswachstum<br />

und Migration sind Ausdruck umfassender Krisen der ländlichen<br />

Räume. Diese können das Überleben der Bevölkerung nicht mehr garantieren«.<br />

100 Migrationen, so der Autor, hätten sowohl im Herkunftsgebiet als<br />

96 Steve Lonergan, The Role of Environmental Degradation and Population Displacement,<br />

Global Environmental Change and Human Security Project, International<br />

Human Dimensions Programme on Global Environmental Change, Research Report<br />

1. 1998, S. 12.<br />

97 Interview im Département Atakora, Oktober 2003. Zur Bedeutung von Hexenglauben<br />

und Neidangst im Kontext von Migrantennetzwerken siehe auch Steinbrink,<br />

Leben zwischen Land und Stadt, S. 370–379.<br />

98 De Haan u.a., Migrant Workers and Their Role in Rural Change.<br />

99 Thomas Hammer, Nachhaltige Entwicklung im Lebensraum Sahel. Ein Beitrag zur<br />

Strategietheorie nachhaltiger ländlicher Entwicklung, Münster 1999, S. 269.<br />

100 Ebd., S. 262.<br />

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