Heft 42 - IMIS - Universität Osnabrück
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Translokale Livelihoods in Südafrika<br />
kann man somit als lokale Akkumulation translokalen Sozialkapitals bezeichnen,<br />
der zu einer kumulativen Verursachung 32 von Transmigration und damit<br />
gleichzeitig zu einer kumulativen Verursachung translokaler sozialräumlicher<br />
Verflechtungszusammenhänge führt. Da die Migration Voraussetzung und integraler<br />
Bestandteil der translokalen Überlebenssicherung ist und das Vorhandensein<br />
einer Abakhaya-Group einen Großteil der Migrationsereignisse<br />
überhaupt erst möglich macht, kann gesagt werden, dass die Abakhaya-<br />
Group die Translokalität ermöglicht.<br />
Zu b) Fest steht, dass die Möglichkeit zum Überleben in der Stadt unabdingbare<br />
Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit der translokalen Existenzsicherungssysteme<br />
ist. Die Einbindung der Migranten in die städtischen<br />
informellen sozialen Netzwerke ist dafür grundlegend. Nicht nur direkt nach<br />
der Ankunft, sondern häufig während des gesamten Aufenthalts in der Stadt<br />
sind die Mitglieder der Abakhaya-Group für die meisten Migranten die<br />
wichtigsten sozialen Kontakte. Diese sozialen Beziehungen stellen eine<br />
überlebensnotwendige soziale Ressource dar.<br />
Die Tabelle 1 gibt eine kurze Übersicht über diejenigen Lebensbereiche,<br />
in denen sich die Einbindung in das Migrantennetzwerk positiv für die Migranten<br />
auswirkt. Die knappe Ergebnisdarstellung verdeutlicht, wie das<br />
Netzwerk die Opportunitätsstrukturen verbessert und die Risiken und Kosten<br />
der Wanderung verringert. Innerhalb des Netzes wirken starke Distributionsmechanismen,<br />
die für die Migranten nicht nur in akuten Krisenzeiten<br />
eine Basis der Existenzsicherung in der Stadt bilden. Das Netz ist oft die einzige<br />
soziale Sicherheit, auf die zurückgegriffen werden kann. In diesem Sinne<br />
ermöglicht die Abakhaya-Group die translokale Existenzsicherung.<br />
Die Einbindung in das soziale Netz bedeutet für den Einzelnen aber<br />
nicht nur größere Sicherheit und Verbesserung der Opportunitäten, sondern<br />
gleichzeitig eine starke soziale Verpflichtung gegenüber den anderen Mitgliedern.<br />
Mit dem System der generalisierten gegenseitigen Unterstützung<br />
sind klare Erwartungen an normgerechtes individuelles Verhalten verbunden.<br />
Es wird erwartet, dass sich das alltägliche Handeln der Mitglieder an<br />
den zentralen Werten einer kollektiven Verantwortung für die Gruppe und<br />
einer gegenseitigen Loyalität orientiert. 33 Die Norm des Teilens innerhalb der<br />
32 Zur Idee der ›kumulativen Verursachung von Migration‹ vgl. auch Doreen Massey,<br />
Social Structure, Household Strategies, and the Cumulative Causation of Migration,<br />
in: Population Index, 56. 1990, S. 3–26.<br />
33 Die weltanschaulich-kulturellen Wurzeln dieses Kollektivismus ließen sich auf die<br />
Ethik des Ubuntu (isiZulu = ›Menschlichkeit‹) zurückführen. Auf einem Gleichheitsgedanken<br />
beruhend, stellt die Ethik des Ubuntu die Gemeinschaft und nicht das Individuum<br />
ins Zentrum der moralischen Betrachtung; vgl. Dirk Louw, Ubuntu: An<br />
African Assessment of the Religious Other. Revised version of a paper presented at<br />
the Annual Meeting of the American Academy of Religion (22.–25.11.1997, San<br />
Francisco, USA), http://www.bu.edu/wcp/Papers/Afri/AfriLouw.htm (11.7.2010).<br />
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