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Amtsmißbrauch - Oapen

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316 B. Unterschiedliche Entwicklung des Strafrechts<br />

Gesetzgebung eine deutliche Milderung darstellte. 74 Die crimen peculatus und<br />

crimen de residuis waren auch jetzt noch anzutreffen und erfuhren zumindest<br />

hinsichtlich der Strafe einzelne Modifikationen. 75 Als eine Neuschaffung eines<br />

Delikts in dieser Periode, also als crimen extraordinarium, ist die Befreiung<br />

bzw. das „Entweichenlassen“ von Gefangenen durch Aufseher zu erwähnen. 76<br />

Letztere konnte dieselbe Strafe wie die der geflohenen Sträflinge treffen. 77 Als<br />

weitere Delikte extraordinaria wurden die praevaricatio, calumnia und tergiversatio<br />

behandelt. Die praevaricatio bedeutet die Verletzung der Amtstreue<br />

in der Führung eines Prozesses, beispielsweise die Begünstigung sowohl des<br />

Angeklagten durch den Ankläger als auch der gegnerischen Partei durch einen<br />

Anwalt. 78 Die calumnia bestraft die falsche, böswillige Anklage eines unbescholtenen<br />

Bürgers. 79 Das Delikt der tergiversatio bestraft den Ankläger, der<br />

eine begonnene Anklage unvollendet fallen läßt, ohne abolitio, 80 also ohne die<br />

offizielle Aufhebung der Anklage erlangt zu haben. Vor allem gegen Ende der<br />

Republik häuften sich Fälle, in denen Menschen Anklage erhoben, aber von<br />

74<br />

Berger, Lex Iulia de ambitu, Sp. 2365; siehe dazu ausführlich auch Rein, Das Criminalrecht<br />

der Römer, S. 719 ff.<br />

75<br />

Geib, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, Bd. 1, S. 87.<br />

76<br />

Geib, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, Bd. 1, S. 95.<br />

77<br />

Zu diesem Delikt findet sich im Kodex von Theodosius (Cod. Theod. 9.3.5.): „ad<br />

commentariensem receptarum personarum custodia observatioque pertineat, nec putet<br />

hominem abiectum atque vilem obiiciendum esse iudiciis, si reus condicione* aliqua fuerit<br />

elapsus. nam ipsum volumus eius poena consumi, cui obnoxius docebitur fuisse, qui<br />

fugerit. si vero commentariensis necessitate aliqua procul ab officio egerit, adiutorem<br />

eius pari iubemus invigilare cura, et eadem statuimus legis severitate constringi. (. . . )<br />

si de carcere reus fugerit, ab eo, cui est traditus, requiratur: qui si eum non potuerit<br />

praesentare, noverit negligens custos, illius se aut damnum aut poenam, qui fugerit,<br />

subiturum.“ Abgesehen vom letzten Satz identisch im Kodex von Justinian, Cod. Iust.<br />

9.4.4. In den Digesten von Justinian (Iust. Dig. 47.18.1.) ist dazu zu lesen: „de<br />

his, qui carcere effracto evaserunt, sumendum supplicium divi fratres Aemilio Tironi<br />

rescripserunt. saturninus etiam probat in eos, qui de carcere eruperunt, sive effractis<br />

foribus, sive conspiratione cum ceteris, qui in eadem custodia erant, capite puniendos;<br />

quod si per negligentiam custodum evaserunt, levius puniendos.“<br />

78<br />

Isidor von Sevilla (Isid. Etym. 10, 223.) schreibt dazu: „Praevaricator, malae fidei<br />

advocatus, et qui vel in accusando nocitura, vel in defendendo profutura praetereat, aut<br />

inutiliter dubieque ponat mercedis gratia, scilicet corruptus.“<br />

79<br />

Vgl. dazu ausführlich Rein, Das Criminalrecht der Römer, S. 807 ff. Bei Isidor von Sevilla<br />

(Isid. Etym. 10, 42.) findet sich: „Calumniator, falsi criminis accusator, a calvendo, id<br />

est, frustrando et decipiendo dictus.“<br />

80<br />

Es können abolitio generalis, ex lege und privata unterschieden werden. Abolitio generalis<br />

oder publica meint die Aufhebung der Anklage zu religiösen Festtagen oder anderen<br />

freudigen Anlässen. Sie wurde früher vom Senat, später vom Kaiser ausgesprochen. Die<br />

Gefangenen wurden freigelassen und waren während der Ferien frei. Danach konnte erneut<br />

Anklage gegen sie erhoben werden. Bei der abolitio ex lege lag ein Anklagehindernis in<br />

der Person des Anklägers. Die abolitio privata konnte auf Bitten des Anklägers, welcher<br />

sich mit error, temeritas, calor usw. entschuldigte, vom magistratus selbst, d.h. z.B. vom<br />

Provinzstatthalter oder vom Kaiser, gewährt werden. Siehe dazu Rein, Das Criminalrecht<br />

der Römer, S. 273 ff.

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