08.10.2013 Aufrufe

Amtsmißbrauch - Oapen

Amtsmißbrauch - Oapen

Amtsmißbrauch - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

I. Gegenüberstellung mit der Rechtsbeugung 455<br />

hinaus. Die Vorschrift des § 339 StGB richtet sich sowohl an Richter und<br />

Schiedsrichter als auch an „andere Amtsträger“. Es ist somit bereits lexikalisch<br />

kein reines Richterdelikt. 9 Sofern die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind,<br />

können auch Verwaltungsbeamte Täter der Rechtsbeugung sein. Es müssen<br />

allerdings Beamte sein, denen die Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache<br />

obliegen. Nach herrschender Ansicht kommt es darauf an, daß der Amtsträger<br />

eine Rechtssache wie ein Richter zu leiten oder zu entscheiden habe. 10 Ob das<br />

der Fall ist, sei nach der Natur und dem Ziel des Verfahrens zu beurteilen,<br />

wobei entscheidend sei, ob eine wesensmäßig richterliche Tätigkeit vorliegt. 11<br />

Tatsächliche Unabhängigkeit des Richters oder Weisungsfreiheit des Amtsträgers<br />

seien nicht erforderlich. 12<br />

Auf Grundlage dieser Position ist das Unterscheidungsmerkmal zwischen den<br />

rechtsbeugenden und den Recht falsch anwendenden Beamten die wesensmäßig<br />

richterliche Tätigkeit. Nur wenn eine solche gegeben ist, können die betreffenden<br />

Beamten Täter einer strafbaren Rechtsbeugung werden. Das sind diejenigen,<br />

die Herren über ein nach Rechtgrundsätzen geordnetes Verfahren sind, welches<br />

sie „wie ein Richter“ leiten und/oder in welchem sie „wie ein Richter“ eine<br />

Entscheidung zu fällen haben. 13 Die Beamten hingegen, die, ohne diese Position<br />

inne zu haben, lediglich „einfache“ Verwaltungsentscheidungen vorsätzlich falsch<br />

treffen, werden vom Tatbestand der Rechtsbeugung nicht erfaßt. Das Delikt<br />

des <strong>Amtsmißbrauch</strong>s setzt keine Rechtssache im Sinne von § 339 StGB voraus.<br />

Es erfaßt auch Exekutivbeamte, die nicht wie ein Richter tätig werden und bei<br />

9 NK-Kuhlen, 2005, § 339 StGB, Rdn. 12; LK-Spendel, § 339 StGB, Rdn. 4.<br />

10 Fischer, § 339 StGB, Rdn. 5; LK-Spendel, § 339 StGB, Rdn. 32 ff.; RGSt 71, 315; BGH<br />

NJW 1960, 253; BGHSt 24, 326, 327 f.; 34, 146, 148; 35, 224, 230; 38, 381, 382.<br />

11 Fischer, § 339 StGB, Rdn. 5.<br />

12 BGHSt 14, 147, 148; 24, 326, 328; Lackner/Kühl, § 339 StGB, Rdn. 2; Fischer, § 339<br />

StGB, Rdn. 5. A.A. allerdings BGHSt 34, 146, 148; Wassermann DRiZ 1992, 161.<br />

Das Kriterium der „wesensmäßig richterlichen Tätigkeit“ ist mit dem gleichzeitigen<br />

Verzicht auf tatsächliche Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit nicht gerade von außerordentlicher<br />

Bestimmtheit. Seebode, Das Verbrechen der Rechtsbeugung, S. 89, kritisiert<br />

daher an der Rechtsprechung des BGH, daß sie mit der Formulierung „in einem zwar<br />

abhängigen Amt, aber wie ein Richter“ Widersprüchliches verbinde. Er meint, ein abhängiger<br />

Richter könne nicht wie ein Richter entscheiden. Zumindest sachliche Unabhängigkeit<br />

sei erforderlich. Musielak, Die Rechtsbeugung, S. 47, 49, sieht als Rechtssachen die Fälle<br />

an, in denen ein unparteiischer Dritter über Rechte und Pflichten von Rechtssubjekten,<br />

die am Verfahren unmittelbar beteiligt sind, gemäß seiner Überzeugung vom Recht<br />

nach Rechtsgrundsätzen kraft der ihm vom Staat übertragenen Gewalt mit autoritativer<br />

Wirkung und frei von Weisungen zu entscheiden hat. Vgl. auch Heinitz, Probleme der<br />

Rechtsbeugung, S. 8; Sieveking, Der Täterkreis der Rechtsbeugung, S. 72.<br />

Differenzierend im Rahmen der h.M. SK-Rudolphi/Stein, § 339 StGB, Rdn. 8, die<br />

betonen, daß es auf persönliche Unabhängigkeit und auf sachliche Unabhängigkeit im<br />

Sinne von individueller Weisungsfreiheit nicht ankomme, aber es zu den unabdingbaren<br />

Voraussetzungen der Unparteilichkeit gehöre, daß rechtlich keine Weisungshierarchie<br />

existiere, die bis zu einer Parteiinteressen vertretenden Stelle reicht.<br />

13 BGH NJW 1960, 253; BGHSt 24, 326, 328; 34, 146, 148; Fischer, § 339 StGB, Rdn. 5.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!