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Amtsmißbrauch - Oapen

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IV. <strong>Amtsmißbrauch</strong> in der Geschichte des deutschen Strafrechts 369<br />

Da es sich bei den im dritten Absatz aufgeführten Fällen um Regelbeispiele<br />

handelt, während Absatz 1 in seiner Weite unberührt bleibt, handelt es sich<br />

um einen allgemeinen <strong>Amtsmißbrauch</strong>statbestand im eingangs erläuterten<br />

Sinne.<br />

Darüber hinaus gibt es mit Art. 307 ebenfalls den Auffangtatbestand der<br />

Vernachlässigung der Amtspflicht, wie er gleichlautend aus dem sächsischen<br />

Strafgesetzbuch von 1838 (Art. 311) bekannt ist. 255<br />

m) Preußisches Strafgesetzbuch von 1851<br />

Im preußischen Strafgesetzbuch vom 14. April 1851 256 fehlt demgegenüber ein<br />

allgemeiner Mißbrauchstatbestand im eingangs erläuterten Sinne. Mit § 315<br />

existiert zwar ein Delikt, bei dem als Tathandlung explizit der Mißbrauch der<br />

Amtsgewalt verlangt wird, aber letztlich muß die Tat allein auf eine Nötigung<br />

abzielen:<br />

„Ein Beamter, welcher seine Amtsgewalt mißbraucht, um Jemand<br />

zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung widerrechtlich zu<br />

nöthigen, wird mit Gefängniß nicht unter einem Monate bestraft; zugleich<br />

kann auf zeitige Unfähigkeit zu öffentlichen Aemtern erkannt<br />

werden.“<br />

Von manchen wird die Tathandlung allerdings weitgehender interpretiert. So<br />

meint Temme, daß das Delikt des Mißbrauchs der Amtsgewalt mit der Erpressung<br />

im Amt (concussio publica) des gemeinen Rechts die Gemeinsamkeit<br />

verbindet, daß sie beide durch die betrügerische Vorspiegelung einer zustehenden<br />

amtlichen Befugnis, also durch List, ausgeübt werden können. Das wiederum<br />

würde bedeuten, daß die Tathandlung nicht allein auf die Anwendung oder<br />

Androhung von Gewalt beschränkt wäre. Dennoch wäre die Norm selbst bei<br />

einen solchen Auslegung nicht als gänzlich allgemeiner Mißbrauchstatbestand zu<br />

qualifizieren, da stets die Einwirkung des Täters auf die Willensbildung oder Willensbetätigung<br />

seines Gegenübers vorausgesetzt würde. 257<br />

255 Siehe oben B.IV.2.f), S. 358.<br />

256 Abgesehen von der Zeit von 1794 bis 1814 hatte Preußen nie ein uniformes Strafrecht.<br />

Gerade vor Erlaß des Strafgesetzbuchs war der Zustand des Strafrechts am uneinheitlichsten:<br />

In den „alten“ Provinzen galt das Strafrecht des Allgemeinen Landrechts, in<br />

der Rheinprovinz galt das französische StGB, in Neuvorpommern, am Oberrhein und<br />

im Fürstentum Hohenzollern-Hechingen das gemeine deutsche Strafrecht und schließlich<br />

in Hohenzollern Sigmaringen das Badische StGB. Temme, Lehrbuch des Preußischen<br />

Strafrechts, S. 72, merkt deshalb an, daß eine Abhilfe dieser Situation erforderlich war,<br />

kritisiert aber den Zeitpunkt. Der Erlaß des Gesetzbuchs im Anschluß an eine politische<br />

Krise habe es merklich geprägt – insbesondere mit Blick auf die politischen Verbrechen,<br />

aber auch den Geist des ganzen Werks.<br />

257 Temme, Lehrbuch des Preußischen Strafrechts, S. 1076 f.

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