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Amtsmißbrauch - Oapen

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Allerdings sollte nicht vergessen werden, daß auch die anderen für Gesamtitalien<br />

bedeutenden Rechtskreise den Tatbestand des <strong>Amtsmißbrauch</strong>s kannten; und<br />

zwar sowohl das österreichische als auch das toskanische Strafrecht. Das Delikt<br />

des abuso innominato di ufficio war insofern im italienischen Rechtsbewußtsein<br />

verfestigt. Hätte sich daher – wie es beispielsweise der angesehene Strafrechtler<br />

Carrara vorgezogen hatte 2 – die toskanische Linie durchgesetzt, wäre es aller<br />

Wahrscheinlichkeit nach im einheitlichen codice penale ebenfalls zur Festschreibung<br />

des Delikts gekommen. In Deutschland war dies anders. Eine Reihe von<br />

partikulären Strafgesetzbüchern des 19. Jahrhunderts kannten das Delikt des<br />

<strong>Amtsmißbrauch</strong>s zwar, andere jedoch nicht. Zu letzteren zählt das preußische<br />

Strafgesetzbuch von 1851, auf welchem das für den Norddeutschen Bund basierte,<br />

aus welchem wiederum das gesamtdeutsche von 1871 hervorging. Es ist<br />

insofern nicht verwunderlich, daß sein Abschnitt über die Amtsdelikte keinen<br />

<strong>Amtsmißbrauch</strong> enthält. Daß sich im heutigen codice penale das Delikt des<br />

allgemeinen <strong>Amtsmißbrauch</strong>s findet, im deutschen Strafgesetzbuch hingegen<br />

nicht, wird daher vor allem auf die historische Entwicklung des Strafrechts<br />

zurückzuführen sein.<br />

Die vermutete unterschiedliche Effektivität der Disziplinargewalt könnte eine<br />

unterstützende Rolle gespielt haben. Ein korrelatives Verhältnis zwischen<br />

Disziplinar- und Strafrecht – auch in der historischen Entwicklung des positiven<br />

Strafrechts – ist dokumentiert. So hatte sich der preußische Gesetzgeber des<br />

Strafgesetzbuchs von 1851 explizit gegen einen allgemeinen <strong>Amtsmißbrauch</strong><br />

nach dem Vorbilde des § 333 ALR entschieden. Einen solchen Tatbestand hatte<br />

er als Strafnorm für zu unbestimmt qualifiziert und statt einer Pönalisierung<br />

die Sanktionierung durch das Disziplinarrecht befürwortet.<br />

Wenn es auch keinen Grund für das Fehlen des <strong>Amtsmißbrauch</strong>statbestands in<br />

Deutschland liefert, so bleibt doch zu erwähnen, daß es Bestimmungen im deutschen<br />

Strafgesetzbuch gibt, die geeignet sind, Verhaltensweisen mißbräuchlicher<br />

Amtstätigkeit zu erfassen und keine Entsprechung im Codice penale haben. Hier<br />

sind aus den Amtsdelikten vor allem die Rechtsbeugung (§ 339 StGB) und die<br />

Verfolgung Unschuldiger (§ 344 StGB) zu nennen. Ihre praktische Bedeutung ist<br />

aber anerkanntermaßen gering. Außerhalb der Sondertatbestände können die<br />

Untreue (§ 266 StGB) und zum Teil auch der Betrug (§ 263 StGB) vermögensschädigende<br />

Amtsmißbräuche bestrafen. Einen allgemeinen Untreuetatbestand<br />

gibt es im italienischen Strafgesetzbuch nicht. Der Tatbestand der infedeltà<br />

patrimoniale, Art. 2634 c.c., ist bei einer Zweckentfremdung von staatlichen<br />

Befugnissen durch Beamte nicht einschlägig. Der Betrug, die truffa (Art. 640<br />

c.p.), existiert zwar im italienischen Strafgesetz, aber sein Anwendungsbereich<br />

ist im Vergleich zum deutschen Tatbestand begrenzter. Das ermöglicht die<br />

Relevanz von § 263 StGB in einigen Konstellationen, in denen das Vermö-<br />

2 Vgl. ebd.

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