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Amtsmißbrauch - Oapen

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458 B. Strafwürdigkeit nach den Wertungen des geltenden Strafgesetzbuchs<br />

voraus. 20 An diesem Punkt weicht seine Stellung von der des Beamten mit<br />

regelmäßiger Verwaltungstätigkeit ab. Die herrschende Ansicht führt stets den<br />

Staatsanwalt als Beispiel für einen potentiellen nichtrichterlichen Täter einer<br />

Rechtsbeugung an. In der Tat verfügt er im Ermittlungsverfahren nach der<br />

Strafprozeßordnung über weitreichende Kompetenzen. Die Staatsanwaltschaft<br />

ist Herrin des Ermittlungsverfahrens. Grundsätzlich werden von ihr bzw. ihren<br />

Ermittlungsbehörden die Untersuchungshandlungen durchgeführt (§§ 161, 161a,<br />

163, 163a-f StPO), einschließlich der erforderlichen Beweiserhebung. Hierbei<br />

besitzt sie weitgehende Entscheidungsfreiheit. Sie ist es auch, die schließlich<br />

über die Erhebung einer öffentlichen Klage bzw. die Einstellung des Verfahrens<br />

entscheidet, § 170 StPO. Daß die Staatsanwaltschaft während des Verfahrens<br />

sogar auf gewisse Weise einen Ausgleich zwischen widerstreitende Interessen<br />

schaffen muß, ergibt sich aus der Verpflichtung des § 160 Abs. 2 StPO, nicht nur<br />

belastende, sondern auch entlastende Umstände zu ermitteln. Ein gegenüber<br />

dem schlicht rechtsanwendenden Verwaltungsbeamten gesteigertes Maß an Selbständigkeit<br />

kann dem Staatsanwalt folglich nicht abgesprochen werden. Eine<br />

ähnlich unabhängige Position hat der Bundesgerichtshof beim Rechtspfleger als<br />

Nachlaßpfleger 21 sowie beim Verwaltungsbeamten festgestellt, der nach dem<br />

Ordnungswidrigkeitsgesetz über Geldbußen entscheidet. 22<br />

Diese Art von Unabhängigkeit ist der Strafgrund für die Rechtsbeugung durch<br />

einen Amtsträger, der kein Richter ist. Die Unparteilichkeit des Beamten<br />

innerhalb des Verwaltungsverfahrens, seine herausragende Stellung, begründet<br />

ebenfalls eine besondere Verantwortung. Diese wiederum läßt das Unrecht des<br />

Mißbrauchs seiner Befugnisse größer erscheinen als das des <strong>Amtsmißbrauch</strong>s<br />

von einfachen Entscheidungsträgern der öffentlichen Verwaltung. Sein Angriff<br />

auf die Funktionsfähigkeit der Verwaltung trifft den Staat empfindlicher.<br />

Der Gesetzgeber stuft das Unrecht des rechtsbeugenden Verwaltungsbeamten<br />

sogar als so strafwürdig ein, daß er auch ihn – gleich dem das Recht beugenden<br />

Berufsrichter – bereits im Mindestmaß mit einem Jahr Freiheitsstrafe<br />

belegt.<br />

Es ist folglich ein Unterschied zwischen regelmäßiger Verwaltungstätigkeit und<br />

solcher festzustellen, bei der Rechtssachen geleitet oder entschieden werden.<br />

Der Bruch des besonderen Vertrauens, das der Staat in die mit der Rechtspflege<br />

betrauten Amtsträger setzt, bedeutet einen schwerwiegenderen Angriff auf die<br />

Rechtsordnung als es durch die Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der<br />

Verwaltung mittels eines „einfachen“ <strong>Amtsmißbrauch</strong>s geschehen kann. Das<br />

Rechtsgut der Rechtspflege ist daher höher einzustufen als das des ordnungsgemäßen<br />

Funktionierens der Administration.<br />

20 Siehe so Schönke/Schröder-Heine, § 339 StGB, Rdn. 9. BGHSt 34, 146, 148 spricht<br />

tatsächlich von „sachlich unabhängiger Stellung“; vgl. auch BGHSt 35, 224, 231.<br />

21 BGHSt 35, 224, 230 ff.<br />

22 BGHSt 14, 147, 148 mit Verweis auf BGHSt 13, 102, 110.

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