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Amtsmißbrauch - Oapen

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IV. <strong>Amtsmißbrauch</strong> in der Geschichte des deutschen Strafrechts 383<br />

Der entscheidende Punkt der Argumentation ist der, daß der Gesetzgeber von<br />

der Prämisse ausgegangen ist, daß nur diejenigen Dienstvergehen als „Amtsverbrechen“<br />

in das Strafgesetzbuch aufzunehmen sind, die mindestens mit<br />

Kassation oder Amtsentsetzung bestraft werden können. Alle Dienstverfehlungen,<br />

bei denen diese Bestrafung eine unangemessene Härte darstellen würde,<br />

sollten demgegenüber der Disziplinargewalt überlassen bleiben. Aus diesem<br />

Grund schränkte er ein, daß eine allgemeine Definition von Amtsdelikten nicht<br />

gegeben werden könne, „wo das Strafmaß das allein Entscheidende ist“. Damit<br />

haben die mit der Strafrechtsreform Betrauten die vom preußischen Disziplinargesetz<br />

aus dem Jahre 1844 gegebene Einstufung der Amtsverbrechen anhand des<br />

Strafmaßes als unverrückbar übernommen. Alle Amtsdelikte müssen jedenfalls<br />

mit Kassation oder Amtsentsetzung bestraft werden können, ohne daß das<br />

übermäßig hart erscheinen würde.<br />

Während in früheren Phasen der Gesetzesausarbeitung die daran Beteiligten<br />

nicht auf eine subsidiäre Auffangbestimmung zur Erfassung der Fälle, die<br />

kein spezielles Amtsdelikt darstellen, verzichten wollten, 295 war man dann zur<br />

Überzeugung gelangt, daß selbst die Spezifizierung, wonach eine vorsätzliche<br />

Verletzung der Amtspflichten nur dann als ein Amtsverbrechen zu bezeichnen<br />

ist, wenn der Täter entweder sich dadurch einen widerrechtlichen Vorteil verschaffen<br />

oder den Staat oder einen Dritten einen Schaden zufügen wollte, nicht<br />

hinreichend bestimmt ist. Das Ministerium für Gesetzrevision befürchtete, daß<br />

der Vor- oder Nachteil, die Übertretung insgesamt, so unbedeutend sein könne,<br />

daß ein Strafverfahren auf Kassation oder Amtsentsetzung unangemessen<br />

wäre. 296<br />

Möglicherweise trennte das Ministerium das Straf- und Disziplinarrecht dem<br />

Wesen nach noch nicht völlig, sondern erblickte hier eher eine Frage der Kompetenzaufteilung<br />

297 zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden mit der<br />

Maßgabe, die richterliche Justiz nicht mit geringen Verfehlungen zu belasten<br />

und diese deshalb nicht in das Strafgesetzbuch aufzunehmen. Letztlich bestimmte<br />

die Überzeugung, daß nicht alle vorsätzlichen Amtspflichtverletzungen<br />

des C. p. [Code pénal] schon das preußische StGB, noch mehr das österreichische und<br />

sächsische, nunmehr auch das deutsche; während früherhin die entgegengesetzte Tendenz<br />

vorherrschte.“<br />

Selbst Temme, Lehrbuch des Preußischen Strafrechts, S. 1072 f., pflichtet dem Minister<br />

der Gesetzrevision nun augenscheinlich bei, allerdings nicht ohne damit zu schließen, das<br />

österreichische Strafgesetzbuch als „musterhaft einfach“ und seine Aufzählung mit dem<br />

Mißbrauch der Amtsgewalt und der Bestechung als für jede Gesetzgebung ausreichend<br />

herauszustellen.<br />

295 Siehe beispielweise Motive zu dem von dem Revisor vorgelegten Ersten Entwurfe des<br />

Criminal-Gesetzbuches für die Preußischen Staaten, 3. Bd., Berlin 1830, S. 116 ff.<br />

296 Revision des Entwurfs des Strafgesetzbuchs von 1843, 3. Bd., Berlin 1845, S. 103.<br />

297 Vgl. insbes. die Motive zu dem von dem Revisor vorgelegten Ersten Entwurfe des<br />

Criminal-Gesetzbuches für die Preußischen Staaten, 3. Bd., Berlin 1830, S. 8 ff.

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