Fester Grund christlicher Lehre. Ein Hilfsbuch zum ... - Licht und Recht
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Erklärung der Artikel des christlichen Glaubens. 105<br />
Klarheit. Endlich auch gibt uns das Wort Gottes eine schöne Anbildung des ewigen Lebens mit vielen<br />
schönen Beschreibungen, wie eine vortrefflich stehet Offb. 21.<br />
Warum wird uns in den letzten zwei Artikeln vorgehalten die vollkommene Nießung Christi<br />
<strong>und</strong> seiner Wohltaten?<br />
Erstlich darum, auf daß die Gläubigen wissen, daß ihre vollkommene Seligkeit nicht auf Erden<br />
sei, welche Erkenntnis uns zu zwei Dingen nütze ist.<br />
Erstens, daß wir durch diese Welt sollen wandeln, als durch ein fremdes Land, <strong>und</strong> für <strong>und</strong> für<br />
gedenken, daß wir fort müssen, damit wir mit unsern Gedanken an diesen irdischen, vergänglichen<br />
Dingen nicht kleben bleiben, wie St. Paulus lehret 445 mit diesen Worten: „Wir sind aber getrost allezeit,<br />
<strong>und</strong> wissen, dieweil wir im Leib wohnen, so wallen wir dem Herrn. Denn wir wandeln im<br />
Glauben <strong>und</strong> nicht im Schauen. Wir sind aber getrost <strong>und</strong> haben viel mehr Lust außer dem Leib zu<br />
wallen, <strong>und</strong> daheim zu sein bei dem Herrn. Darum befleißen wir uns auch, wir seien daheim oder<br />
wallen, daß wir ihm Wohlgefallen.<br />
Der andere Nutzen dieser Erkenntnis ist, daß sie Geduld bringet <strong>und</strong> nicht lasset verzagen. Denn<br />
wenn die Gläubigen empfinden, daß der Anfang der Seligkeit, den sie in dem Trost des heiligen<br />
Geistes haben, noch nicht die vollkommene Nießung der Seligkeit ist, von wegen des vielfältigen<br />
Streits mit allerlei Anfechtungen, die Gott als Werkzeuge gebraucht, die Sünde in ihnen zu töten<br />
<strong>und</strong> sie zur ewigen Herrlichkeit zu bereiten, 446 sollen sie mittlerweile nicht kleinmütig werden noch<br />
verzagen, sondern die Augen ihres Gemütes zu der Seligen Auferständnis <strong>und</strong> zu dem ewigen Leben<br />
wenden, <strong>und</strong> in Geduld erwarten des Tages, da unsere Seligkeit vollkommen wird offenbaret<br />
werden. Denn also spricht Christus: 447 „Ihr werdet allen Menschen verhasset sein um meines Namens<br />
willen. Es wird aber kein Haar von eurem Haupt umkommen. Durch eure Geduld besitzet<br />
eure Seelen.“ Und Hebr. 13,14: „Wir haben hier keine bleibende Stätte, sondern suchen eine zukünftige.“<br />
Dieser andere Nutzen soll insonderheit die Prediger göttlicher Wahrheit mit Geduld waffnen<br />
wider die Undankbarkeit der Welt, der sie auch wider ihren Willen Gutes tun, auch wider Armut,<br />
Verbannung <strong>und</strong> andere Gefahr, die nicht ausbleiben werden, auf daß, wenn die schwere Last<br />
der Trübsal sie drücket <strong>und</strong> beschweret, sie eingedenk seien, daß sie auf die andere Seite der Waage<br />
legen sollen das große Gewicht der ewigen Herrlichkeit, die ihnen zubereitet ist, welches so überschwenglich<br />
sein wird, daß es die anderen Beschwernisse, wie schwer sie auch dem Fleisch seien,<br />
leicht machen wird. „Darum werden wir nicht müde“, spricht der Apostel, 448 „sondern obschon unser<br />
äußerlicher Mensch verweset, so wird doch der innerliche von Tag zu Tag erneuert. Denn unsere<br />
Trübsal, die augenblicklich leicht ist, schaffet uns eine ewige <strong>und</strong> über alle Maßen wichtige Herrlichkeit.“<br />
Es soll ihnen auch billig allzeit vor Augen stehen die Verheißung, welche vornehmlich die<br />
<strong>Lehre</strong>r zu stärken gegeben ist, ob sie wohl sonst auch alle Gläubigen angehet, Dan. 12,3: „Die <strong>Lehre</strong>r<br />
(Hirten) werden leuchten wie des Himmels Glanz, <strong>und</strong> die, so Viele zur Gerechtigkeit weisen,<br />
wie die Sterne immer <strong>und</strong> ewiglich.“ 449 Sie sollen sich auch nicht der Welt Gunst <strong>und</strong> Gut lassen<br />
verblenden, die Wahrheit zu verschweigen, <strong>und</strong> weich zu werden, auf daß sie nicht das schreckliche<br />
Wort Christi an jenem Tag müssen hören, dabei es ewiglich bleiben wird: 450 „Fürwahr, fürwahr, sage<br />
ich“, spricht der Herr Christus, „sie haben schon ihren Lohn dahin.“<br />
445 2. Kor. 5,6-9; Vergl. Röm. 8,19-24<br />
446 1. Petr. 1,3-6<br />
447 Luk. 21,17-19<br />
448 2. Kor. 4,16.17<br />
449 Vergl. 2. Tim. 2,10; Offb. 2,10<br />
450 Matth. 6,2.5.16