Fester Grund christlicher Lehre. Ein Hilfsbuch zum ... - Licht und Recht
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Die <strong>Lehre</strong> vom heiligen Abendmahls nach dem Heidelberger Katechismus. 255<br />
berühmten Theologie des Melanchthon von 1540 kann wahrlich für die entwickelte calvinische<br />
Doktrin der Pfälzer von 1563 keine Aufhellung <strong>und</strong> Ergänzung erwartet werden. Oder es müßte<br />
denn beliebt werden, den mit offenem Visier <strong>und</strong> klarem, r<strong>und</strong>en Bekenntnis auftretenden Heidelberger<br />
nach Melanchthon zu modeln, der immer behutsam, vorsichtig, unbestimmt, zaghaft auftritt<br />
<strong>und</strong> auch da noch unklar <strong>und</strong> allgemein sich ausspricht, wo er zur Verantwortung vorgefordert ist. 820<br />
Versuche der Art, wie sie leider jetzt nicht eben selten sind, können den Bekenntnisstand der deutschen<br />
Reformierten nur verwirren <strong>und</strong> unsicher machen, ohne die <strong>Ein</strong>igung der lutherischen <strong>und</strong> reformierten<br />
Brüder zu fördern. Besonders unglücklich wird aber solches Unternehmen, wenn der<br />
Leib <strong>und</strong> das Blut Christi der Augsburgischen Confession, <strong>und</strong> gar noch in sofern diese Gabe jedem<br />
<strong>Ein</strong>zelnen ausgeteilt werden soll, in den Heidelberger hineinerklärt wird. 821 Nach dem was wir oben<br />
über die <strong>Lehre</strong> unseres Katechismus beigebracht haben, kann ich mich jeder Bemerkung über dieses<br />
Verfahren enthalten. Die Augsburgische Confession von 1530 ist übrigens für keine deutschreformierte<br />
Kirche Symbol. 822 Wir bekennen gern, daß wir in ihr einen mildern Ausdruck der lutherischen<br />
<strong>Lehre</strong> finden, wie in den Katechismen Luthers. In dem kleinern derselben ist noch von dem<br />
„Sakrament des Altars“ (!) die Rede <strong>und</strong> wird die Abendmahlslehre so ausgesprochen: „das Sakrament<br />
des Altars sei der wahre Leib <strong>und</strong> Blut Christi unter dem Brot <strong>und</strong> Wein.“ Der größere Katechismus<br />
faßt den Artikel noch bestimmter <strong>und</strong> sagt: „Es ist der wahre Leib <strong>und</strong> Blut des Herrn Christi<br />
in <strong>und</strong> unter dem Brot <strong>und</strong> Wein.“ Auch der Genuß von Seiten der Unwürdigen wird ganz bestimmt<br />
gelehrt. Die Augustana von 1530 hingegen läßt Brot <strong>und</strong> Wein ganz aus dem Spiel. Man hat<br />
daraus geschlossen, Melanchthon habe die lutherische Bestimmung der Schwabacher Artikel im<br />
Brote, nicht aufnehmen wollen. Gäbe man das auch zu, so könnte es nur für die persönliche Auffassung<br />
Melanchthons <strong>und</strong> dessen Privatlehre von Bedeutung sein. Die offizielle Deutung der Augustana<br />
wird dadurch aber nicht im Mindesten bestimmt. Sie ist ein lutherisches Symbol <strong>und</strong> als solches<br />
hat sie denselben Sinn wie die Katechismen, da das Unbestimmtere durch das Bestimmtere erklärt<br />
werden muß. Daß aber Melanchthon selbst mit seiner Redaktion des Artikel X., auch im Jahre<br />
1530, nicht im Entferntesten die reformierte <strong>Lehre</strong> begünstigen wollte, das geht unwiderleglich aus<br />
dem Umstande hervor, daß er jede Gemeinschaft mit den reformiert denkenden Oberländern ablehnte<br />
<strong>und</strong> selbst dem, gewiß nicht scharf reformierten, Bucerus schrieb „ihrem Dogma könne er<br />
nicht beistimmen.“ 823 Übrigens tritt Melanchthon in der mehr reformierten Ausgabe von 1540 mit<br />
der Bestimmung „mit dem Brote“ auf. Er muß also gef<strong>und</strong>en haben, daß seine Fassung von 1530<br />
allerdings auch die Deutung „im Brote zuließ. Entschieden falsch scheint es mir aber, wenn man<br />
den unveränderten Artikel X.: De coena domini docent, quod corpus et sanguis Christi vere adsint<br />
et distribuantur vescentibus in coena Domini – so auslegt, daß adsint <strong>und</strong> distribuantur auf in coena<br />
Domini <strong>und</strong> nicht zunächst auf vescentibus bezogen werden. Viel natürlicher scheint es mir adsint<br />
<strong>und</strong> distribuantur auf die Essenden, welchen ja das Dasein des Leibes <strong>und</strong> Blutes <strong>und</strong> das Austeilen<br />
gilt, zu beziehen. In coena domini ist dann die nähere Bestimmung der vescentes. Demnach heißt<br />
der Artikel deutsch: „Leib <strong>und</strong> Blut Christi sind den Abendmahlsgenossen (vescentibus in coena<br />
Domini) wahrhaftig gegenwärtig <strong>und</strong> werden ihnen ausgeteilt.“ Wer nun die vescentes seien, ist<br />
dernentia, quos tam petulanter ruere vides in totius ecclesiae perniciem. Melanchthon blieb seiner bisherigen Art<br />
getreu. Certo scio, schrieb er 1556 an Mordeisen, veritatis defensionem in hoc articulo aulam vestram non toleraturam.<br />
Malo itaque non inchoare, quam inchoatam – – – deponere.<br />
820 Vergl. d. Brief an Veit Dietrich: C. K. III, 429. Kahnis, L. v. Abendm. 391.<br />
821 S. Reform. Kirchenz. von Dr. Ebrard. Jahrg. 1852. Nro. 37-39.<br />
822 Auch in der reformierten Kirche Bremens hat nur die veränderte Augsburgische Confession durch <strong>Ein</strong>führung des<br />
Corpus Misnicum kirchenrechtliche Geltung erhalten. Vgl. Kohlmann, Welche Bekenntnisschriften haben in der reformierten<br />
Kirche Bremens Geltung?<br />
823 Mihi non videtur utile rei publioae et tutum conscientiae, nostros principes onerare invidia vestri dogmatis, quod<br />
neque mihi neque aliis persuadere possum. C. R. II. p. 221.