Fester Grund christlicher Lehre. Ein Hilfsbuch zum ... - Licht und Recht
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Wort <strong>und</strong> Sakrament. 227<br />
Oekolampad trat im Jahre 1530 auf das Entschiedenste für Herstellung einer kirchlichen Zucht<br />
zu Basel auf; Matth. 18,17 war seine Richtschnur. Auf den Antrag einer Synode hatte diese Bemühung<br />
das Resultat, daß zur Handhabung der Zucht den Pfarrern <strong>und</strong> Diakonen in jeder einzelnen<br />
Parochie drei fromme Gemeindeglieder zugeordnet wurden. Diese „Bannherrn“ hatten das <strong>Recht</strong><br />
der Exkommunikation. 738 Durch die Ulmerkirchenordnung v. J. 1531 wurde die Disziplin im Geiste<br />
Oekolampads nach Deutschland verpflanzt. 739<br />
Calvin weiset den Pfarrern die <strong>Lehre</strong> <strong>und</strong> die Sakramente nach göttlichem <strong>Recht</strong>e zu, die Zucht<br />
dagegen üben sie im Verein mit den Ältesten <strong>und</strong> in dem klaren Bewußtsein, daß sie ein geistliches,<br />
kirchliches Werk treiben, das mit dem Staatswesen nichts zu schaffen habe. Die in Matth. 18 vorgeschriebenen<br />
Stufen müssen beobachtet werden. – Auf diesen allgemeinen, in der Institutio ausgesprochenen,<br />
<strong>Gr<strong>und</strong></strong>lagen ruhen die calvinischen Ordonances ecclésiastiques de l’eglise de Genève<br />
(1541). Zur Kirchenregierung sind die Pfarrer, Doktoren, Ältesten <strong>und</strong> Diakonen eingesetzt.<br />
Die Pfarrer verwalten das Amt der <strong>Lehre</strong> <strong>und</strong> der Sakramentsspendung als Haushalter über Gottes<br />
Geheimnisse. Vor ihrem Amtsantritt müssen sie den Glauben der reformierten Kirche bekennen<br />
<strong>und</strong> ihre Gaben bewähren. Die Geistlichen wählen, die Gemeinde <strong>und</strong> der Magistrat haben das<br />
<strong>Recht</strong> der Zustimmung. Verpflichtung findet Statt, aber keine Ordination.<br />
Die Doktoren sind die Förderer <strong>und</strong> Wächter der reinen Kirchenlehre.<br />
Die Ältesten sind die Sittenrichter.<br />
Alle Ältesten in Verbindung mit allen Pfarrern bilden das sogenannte Konststorium, die kräftigste<br />
Behörde der Kirchenzucht. Die Exkommunikation konnte nur von diesem Kollegium verhängt<br />
werden, dessen Gewalt als rein geistliche, kirchliche gefaßt wurde.<br />
Nach Laskys Ordnungen wurde die Zucht von Presbyterien gehandhabt, welche aus Pfarrern <strong>und</strong><br />
Ältesten bestanden. Beide sind Älteste <strong>und</strong> werden als lehrende <strong>und</strong> regierende unterschieden. Wöchentlich<br />
versammeln sich diese beiden Arten von Ältesten zur gemeinschaftlichen Beratung <strong>und</strong><br />
Übung der Zucht. Alle, welche Glieder der Gemeinde werden wollen, müssen sich vorher nicht bloß<br />
<strong>zum</strong> reformierten Glauben bekennen, sondern auch dieser Zucht <strong>und</strong> Strafe ausdrücklich unterwerfen.<br />
Die Stufen der öffentlichen Kirchenzucht sind die Ermahnung vor dem Ältestenkollegium, dann<br />
vor der Gemeinde, endlich die Ausschließung von der Kirchengemeinschaft. Bei der letztern konkurriert<br />
die ganze Gemeinde so, daß ihr der Beschluß der Exkommunikation angezeigt <strong>und</strong> ihr<br />
Schweigen als Zustimmung angesehen wird. Die größte Strenge der Zucht ist gegen alle Ältesten<br />
gerichtet, weil ihr Fall größeres Ärgernis gibt <strong>und</strong> weil, „wenn die Diener allein regieren wollen<br />
<strong>und</strong> von dem Joch der christlichen Straffe selbst frei sein: so ists nicht möglich, daß es in der Gemeine<br />
lang wol zugehe.“ Auch die wöchentliche Prophezei, eine öffentliche Besprechung der Predigten<br />
<strong>und</strong> der Kirchenlehre, welche vor der ganzen Gemeinde gehalten wurde, war ein gewiß sehr<br />
kräftiges Mittel für die Zucht, Entwickelung <strong>und</strong> Belebung der Gemeinde <strong>und</strong> ihrer Pfarrer.<br />
Diese Verfassung wurde durch die Flüchtlinge an den Niederrhein <strong>und</strong> besonders auch nach<br />
Frankfurt am Main gebracht. Die Kirchen- <strong>und</strong> Lehrordnung der frankfurter Reformierten von 1554<br />
ruht ganz auf jenen Lasky’schen <strong>Gr<strong>und</strong></strong>sätzen <strong>und</strong> der Londoner Kirchenordnung der Flüchtlinge<br />
<strong>und</strong> zeichnet sich vor den Genfer Instititutionen dadurch aus, daß der Staat keinen <strong>Ein</strong>fluß auf die<br />
Ältestenwahlen hat <strong>und</strong> die Pfarrer von der Gemeinde auf den Vorschlag des Presbyteriums gewählt<br />
wird.<br />
738 Dr. Richters Gesch. d. evang. Kirchenverf. S. 157.<br />
739 Richters Kirchenordnungen I, 159. Gesch. d. Verf. S. 157 <strong>und</strong> 158. Herzog, Leben Oekolampads S. 233 ff.