Fester Grund christlicher Lehre. Ein Hilfsbuch zum ... - Licht und Recht
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Von der Amtsordnung in der Kirche des neuen Testamentes. 185<br />
men, noch im Amt von den Presbytern bestimmt unterschieden. 625 Nur Presbyter leiten die Gemeinde,<br />
<strong>und</strong> sich selbst stellt er noch als Mitglied des Presbyteriums seiner eigenen Gemeinde dar. Die<br />
Mitte des zweiten Jahrh<strong>und</strong>erts ist also jedenfalls noch Zeuge von der Identität des Episkopats <strong>und</strong><br />
des Presbyteramtes. Wollte man hiegegen die Stellung des Diotrephes geltend machen, so gäben wir<br />
zu bedenken, daß die Gewalt dieses Mannes als eine angemaßte, verwerfliche, exzeptionelle dargestellt<br />
wird, <strong>und</strong> also den Schluß auf apostolische <strong>Ein</strong>führung des hierarchischen Episkopats, welchen<br />
Rothe <strong>und</strong> Bunsen glaubten machen zu dürfen, durchaus nicht zuläßt. Überhaupt kann die <strong>Ein</strong>führung<br />
dieses Instituts weder auf die Apostel noch auf eine sonstige Auktorität zurückgeführt werden;<br />
vielmehr hat sich dasselbe als Konsequenz des abgeschwächten urchristlichen Geistes <strong>und</strong> einer<br />
veränderten <strong>Gr<strong>und</strong></strong>auffassung des Christentums allmählich in immer weitern Kreisen zur Herrschaft<br />
gebracht.<br />
4. Der altkatholische Episkopat.<br />
Die Zeiten des beginnenden zweiten Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>und</strong> des Verlaufes desselben stellen eine Periode<br />
großer kirchlicher Gährung <strong>und</strong> Umgestaltung dar. Das Judenchristentum wird überflügelt <strong>und</strong><br />
sinkt zur beschränkten Sekte herab, um noch kümmerlich ein ohnmächtiges Dasein zu fristen. Der<br />
Paulinismus dringt immer weiter durch <strong>und</strong> kämpft seinen grimmigen Gegner bald nieder. Am Ende<br />
des zweiten Jahrh<strong>und</strong>erts hat das Paulinische Prinzip vollkommen gesiegt; aber nicht ohne <strong>Ein</strong>bußen.<br />
Denn stellen wir diesen zur allgemeinen Geltung gelangten sogenannten Paulinism der, eigentlichen<br />
<strong>Lehre</strong> des Mannes von Tarsus gegenüber, so wird es keinem aufrichtig Prüfenden entgehen,<br />
daß selbst, sehr frühe Schriften paulinischer Richtung vom Apostel in wesentlichen Punkten abweichen.<br />
Schon im Kampfe mit dem Judaism senkten manche Pauliner ihren Flug <strong>und</strong> hielten nicht<br />
mehr so lauter <strong>und</strong> kühn an der freien Gnade in Christo für den Gläubigen. <strong>Ein</strong>e scheinbar populärere<br />
Darstellung der Gnadenlehre verschaffte sich Geltung, welche auch den Inhalt nicht unversehrt<br />
ließ, besonders nicht die <strong>Lehre</strong> von der <strong>Recht</strong>fertigung des Glaubens ohne des Gesetzes Werke.<br />
Man ließ den Glauben als Mittel der <strong>Recht</strong>fertigung stehen, aber man vergaß die lebendige, treibende,<br />
tätige Natur desselben; man stellte neben ihn, als gleichselbständiges Prinzip, die Werke. Daß<br />
Christus sich für unsere Erlösung dahingegeben bekennt man noch, aber nicht wie Paulus, sondern<br />
denkt die Sündenvergebung durch die Liebe, welche gute Werke tut, vermittelt. Die Paulinischen<br />
Sätze werden also behauptet, sie bilden sogar die Ausgangspunkte der Entwickelung für das allgemeine<br />
kirchliche Bewußtsein, aber sie schlagen <strong>zum</strong> Teil unter der Hand wieder in gesetzliches Wesen<br />
um. So stehen die Dinge in dem Brief des römischen Clemens an die Korinther <strong>und</strong> in jenem<br />
des Polykarp an die Kirche zu, Philippi. 626 Daß daraus zugleich eine gesetzliche Auffassung der Kirche<br />
<strong>und</strong> eine priesterliche Anschauung des Amtes folgen mußte, bedarf keiner näheren Ausführung.<br />
Weiter in dieser Richtung trieb der furchtbare Kampf gegen den Gnostizismus. Die Verleugnung<br />
menschlicher Freiheit, die Opposition gegen das alte Testament <strong>und</strong> die Werke des Gesetzes, die<br />
Behauptung, der Erkennende sei vom Sittengesetz entb<strong>und</strong>en – alle jene praktisch gefährlichen<br />
Prinzipien der Gnostiker erzeugten auf kirchlicher Seite eine gewaltige, die urchristliche <strong>Gr<strong>und</strong></strong>anschauung<br />
tief verletzende Reaktion <strong>und</strong> trieben im Zusammenhang hiemit zu Organisationen <strong>und</strong><br />
Instituten auf dem Gebiete der Verfassung <strong>und</strong> Disziplin, welche den unterscheidenden Charakter<br />
der altkatholischen Kirche ausmachen. Mit der Verdunkelung des Bewußtseins von dem in Christo<br />
vollendeten, fertigen Heil, mit der Verkennung des richtigen Verhältnisses zwischen göttlicher Gnade<br />
<strong>und</strong> menschlichem Tun hing genau jene Auffassung des ganzen Christentums zusammen, gemäß<br />
625 Vergl. Hilgenfeld apostolische Väter p. 161 <strong>und</strong> Ritschl l. c. p. 412. Beide Gelehrte zeigen auch wie ungegründet<br />
die Ansicht derjenigen ist, welche aus Vis. 3,5 eine hierarchische Ordnung folgern wollen. Das tun unter Andern,<br />
Cotelier <strong>und</strong> Rothe (Auf. d. christl. K. I, 408).<br />
626 Vergl. Clem. rom. ep. ad Cor. cp. 23. cp. 50. Polyc. ad Phil. ep. 1. cp. 2.