Fester Grund christlicher Lehre. Ein Hilfsbuch zum ... - Licht und Recht
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218 Wort <strong>und</strong> Sakrament.<br />
<strong>Lehre</strong> vermehrt nicht wenig die Wirkung der Sakramente, welche ihnen von den römischen Scholastikern<br />
zugeschrieben wurde. Der Lombarde leugnet noch, daß die Gottlosen des mystischen Leibes<br />
des Heilands teilhaftig würden, <strong>und</strong> von keinem Theologen seiner Gemeinschaft wird dem Sakrament<br />
des Abendmahles die Kraft zugeschrieben, ein unauslöschliches Gepräge aufzudrücken. Wir<br />
wollen aber zusehen, auf welche Beweise solche Vermehrung römischen Irrtums sich stützt. Als Beweisstellen<br />
werden beigebracht Röm. 6,3.4; Gal. 3,27; 1. Kor. 10,17. Dieses F<strong>und</strong>ament ist nicht<br />
stark, wie leicht zu ersehen. Denn wenn der Apostel an die Römer schreibt: „Wisset ihr nicht, daß<br />
soviele wir in Jesum Christum getauft sind, die sind in seinen Tod getauft,“ so spricht er nicht von<br />
allen Römern <strong>und</strong> bezeichnet durch das Wörtchen: „soviele“ nur diejenigen, welche er im vorhergehenden<br />
Kapitel Gerechtfertigte aus dem Glauben <strong>und</strong> im <strong>Ein</strong>gang des Briefes Geliebte Gottes nennt<br />
<strong>und</strong> berufene Heilige. Eben dergleichen Leute waren die Galater, welche getauft waren <strong>und</strong> Christum<br />
angezogen hatten, denn in dem vorhergehenden Verse (3,26) wurden sie als Söhne Gottes<br />
durch den Glauben an Christum Jesum gelobt. – Was endlich die dritte Stelle betrifft, so sehe ich<br />
nicht, wie sich Delitzsch derselben zu Verteidigung seiner Sache bedienen kann. Denn es ist doch<br />
ganz offenbar, daß jene Korinther, welche durch die Gemeinschaft des Brotes ein Leib geworden<br />
sind, keine andere sind, als die im <strong>Ein</strong>gang der Briefes „die Gemeinde Gottes,“ „Geheiligte in Christo<br />
Jesu,“ „berufene Heilige“ genannt werden. Ferner, da Paulus selbst lehrt (Kap. 6,15-17), es gebe<br />
Glieder Christi <strong>und</strong> auch Hurenglieder, da er fragt, „sollte ich nun die Glieder Christi nehmen <strong>und</strong><br />
Hurenglieder daraus machen? –“ so kann nicht geleugnet werden, daß die Getauften <strong>und</strong> Kommunikanten<br />
nicht schon wegen der äußerlichen Teilnahme am Sakrament Christi Glieder sind, <strong>und</strong><br />
gleichwohl geschehen könne, daß die, welche himmlische Gaben zu empfangen scheinen, nichts destoweniger<br />
Glieder der Hure oder der Welt sind <strong>und</strong> nichts Anderes essen <strong>und</strong> trinken als ein Gericht.<br />
– Nach alle dem können wir den Sakramenten als kirchenbildenden Mächten nicht so viel<br />
Kraft beilegen, wie Delitzsch tut, 714 <strong>und</strong> es kann nicht behauptet werden, aus jeder Teilnahme am<br />
Sakrament sei auf die mystische Gemeinschaft mit dem Leibe Christi zu schließen, welche die unsichtbare<br />
durch das Wort <strong>und</strong> den heiligen Geist von Anfang der Welt bis <strong>zum</strong> Ende aus der gesamten<br />
Menschheit gesammelte <strong>und</strong> der endlichen Verklärung in ewiger Seligkeit entgegengehende<br />
Kirche ist. Das Wort Gottes aber, wie es die Mittelursache unsers Glaubens ist, so ist es auch die<br />
unsrer w<strong>und</strong>erbaren Vereinigung mit dem Haupte Christus <strong>und</strong> deshalb nicht nur die des ewigen<br />
Heiles, sondern auch die der Gewißheit, daß wir Kinder Gottes <strong>und</strong> zu dieser Kindschaft in Christo<br />
Auserwählte sind. Die wirkende Ursache des mystischen Leibes des Heilands oder der heiligen Kirche<br />
ist der heilige Geist, welcher in den Christen Glauben, Heil <strong>und</strong> Heilsgewißheit wirkt. Ohne<br />
Glauben also, welcher eine feste aus dem Worte Gottes geschöpfte <strong>und</strong> durch den heiligen Geist gewirkte,<br />
Zuversicht ist, daß wir in Christo dem Sohne Gottes, ohne Verdienst erwählt <strong>und</strong> erlöst sind<br />
<strong>und</strong> mit der Kirche Christi der Verklärung entgegengehen, ohne diesen Glauben, kann kein Socinianer,<br />
kein Unitarier, wie Delitzsch sich einbildet, sei er auch getauft oder Genosse des Abendmahls,<br />
dem mystischen Leibe Christi einverleibt werden.<br />
Außerdem fehlt es uns nicht an eigentlichen Beweisen unsrer Ansicht. Da hier vom Heil der<br />
Menschen, nicht aber von natürlichen Dingen die Rede ist, so müssen alle Christen zugestehen, daß<br />
714 L. c. p, 32-34. „Wer nur immer getauft ist <strong>und</strong> Teil nimmt an des Herrn Mahl, der ist ein Glied am Leibe Christi (!).<br />
Der Leib Christi ist die Gesamtheit aller deren, die zu seinem Leibe getauft <strong>und</strong> zu einem Geiste getränkt sind. Es<br />
sei Hengstenberg oder Wislicenus, ein Socinianer oder Unitarier – kraft der Taufe sind sie all<strong>zum</strong>al <strong>Ein</strong>er in Christum<br />
usw.“ Diesem Zitate hat die sehr anerkennende Rezension meiner Schrift de Convenientia verbi et sacramenti<br />
in der Bonner Monatsschrift (1853) eine Beziehung gegeben, welche mich zu der Erklärung veranlaßt, daß ich<br />
Herrn Dr. Delitzsch für ebenso gut lutherisch, als ich diese seine <strong>Lehre</strong> für abscheulich halte. Es fällt mir jedoch<br />
nicht ein, für die letztere die Kirche oder die Symbole der Lutheraner verantwortlich zu machen, wie aus dem Texte<br />
leicht zu ersehen ist.