Fester Grund christlicher Lehre. Ein Hilfsbuch zum ... - Licht und Recht
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Von der Amtsordnung in der Kirche des neuen Testamentes. 187<br />
nicht, spezifisch begeistetes Organ zur Bewahrung <strong>und</strong> Fortpflanzung der <strong>Lehre</strong> zu sein. Aber das<br />
Alles berechtigt uns nicht, diesen Ignatius der vorigen Periode zuzuweisen. Wir finden nämlich<br />
auch in den drei Briefen keine Spur von einer innerlichgleichen Berechtigung der Presbyter mit dem<br />
Bischofe. Nichts tritt bei ihm so sehr hervor, als daß die kirchliche <strong>Ein</strong>heit im Bischof erscheine <strong>und</strong><br />
ruhe. Der Bischof Onesimus stellt die Gesamtheit der Gemeinde dar. 633 Er dringt ganz entschieden<br />
auf Unterordnung der Presbyter, der Diakonen <strong>und</strong> der Gemeindeglieder unter den Bischof <strong>und</strong> verlangt<br />
unbedingten Anschluß an ihn <strong>und</strong> dadurch an Gott. Jene Stelle im Briefe an den Polykarp, 634<br />
worin er sagt, es dürfe nichts ohne den Bischof geschehen <strong>und</strong> an die Behauptung, nur solche Ehen<br />
seien Gott wohlgefällige <strong>und</strong> reine, welche unter bischöflicher Auktorität geschlossen seien, die Ermahnung<br />
knüpft: „auf den Bischof achtet, damit auch Gott auf Euch achte“ reicht allein hin, unser<br />
Urteil über Ignatius zu begründen. Denn für jeden Unbefangenen legt sich hier eine Auffassung des<br />
Episkopats dar, die, wenn die drei Briefe nicht ein Exzerpt der sieben sind, zwar noch von der baldauftretenden<br />
dogmatisch formulierten allenfalls ein wenig unterschieden werden könnte, sich vielleicht<br />
auf ihre Konsequenzen noch nicht ganz besonnen hat, aber offenbar den vollen hierarchischen<br />
Geist atmet. Bunsen sieht den echten Ignatius <strong>und</strong> seine Episkopalverfassung auf der Seite des Geistes<br />
<strong>und</strong> der Freiheit, Wir müssen dem Gesagten zufolge eine durchaus entgegengesetzte Überzeugung<br />
aussprechen <strong>und</strong> müssen es sehr bezweifeln, ob mit dieser hierarchischen Anschauung des syrischen<br />
Textes die Echtheit desselben verträglich ist.<br />
Jetzt gelangen wir zur letzten <strong>und</strong> entwickeltsten Form der altkatholischen Bischofsidee. Gnostizismus<br />
<strong>und</strong> Montanismus einerseits, die zunehmende Entgeistung der Massen <strong>und</strong> die Auffassung<br />
des Christentums als neues Gesetz <strong>und</strong> Glaubensregel andererseits, sind die Faktoren dieser neuen<br />
Evolution des Hierarchismus. Den Begriffen <strong>und</strong> der Zersplitterung der Sektiererei gegenüber sucht<br />
man sich durch hierarchische Mittel zu halten. Tertullian, Irenäus, die sieben Briefe des Ignatius,<br />
Cyprian <strong>und</strong> die sogenannten apostolischen Konstitutionen sind die Führer <strong>und</strong> Vollender der nun<br />
dominierenden Richtung. Ihre Hauptgedanken sind folgende. Gott sowohl, als der unsichtbare Christus<br />
bedürfen greifbare Stellvertreter. Die Bischöfe sind es, welche diesem Bedürfnisse Genüge leisten.<br />
635 Diese Anschauung wird dann dogmatisch motiviert. Wie Christus die vollkommenste Offenbarung<br />
Gottes, der vollendetste Ausdruck seines Willens ist, so ist für die Kirche der Bischof Ausdruck<br />
<strong>und</strong> Repräsentant Christi. 636 Weniger spekulativ, aber sicherer <strong>und</strong> klarer drückt Cyprian denselben<br />
hierarchischen Gedanken dadurch aus, daß er sagt, die Bischöfe seien die Nachfolger der<br />
Apostel. Die extremen apostolischen Konstitutionen behaupten ohne weitere Umstände: Wer die Bischöfe<br />
hört, der hört Christum. 637 Weiterhin sind die Bischöfe die einzigen sichern Bewahrer, Erklärer<br />
<strong>und</strong> Fortpflanzer der christlichen Wahrheit. 638 Nur die Bischöfe haben den heiligen Geist, nur sie<br />
die Gewalt zu binden <strong>und</strong> zu lösen. 639 Alle Gaben, alle Gnadenrechte der freien, priesterlichen Gemeinde<br />
Christi hat der Episkopat absorbiert. Propheten, Führer, Könige, Mittler zwischen Gott <strong>und</strong><br />
seinen Gläubigen, Fortsetzer der Erlösung seid Ihr unter den Laien, ruft der verkappte Verfasser der<br />
apostolischen Konstitutionen gegen Ende des dritten Jahrh<strong>und</strong>erts den Bischöfen zu. 640 Vollständi-<br />
633 ad Ephes. c. 1. Es ist hier ποπληθιαν zu lesen.<br />
634 L. c. cap. 4, 5 u. 6.<br />
635 Ign. ad Eph: 6 ad Trall. 3.<br />
636 Ign. ad Eph 3. 4.<br />
637 Const. app. II, 20.<br />
638 Iren. adv. haer, III, 3. Traditionem apostolorum in toto m<strong>und</strong>o manifestatam, in ommi ecclesia adest respicere omnibus,<br />
qui vera velint videre et habemus annumerare eos, qui ab apostolis instituti sunt episcopi in ecclesiis et successores<br />
eorum usque ad nos.<br />
639 Constit. app. II, 11. 18.<br />
640 Constit. app. II. 25.