Fester Grund christlicher Lehre. Ein Hilfsbuch zum ... - Licht und Recht
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Von der Amtsordnung in der Kirche des neuen Testamentes. 183<br />
nen. 610 Wenn dagegen sowohl der Brief der Bischöfe von Jerusalem <strong>und</strong> Cäsarea, welchen Eusebius<br />
611 aufbewahrt hat, als auch ein Kanon des vierten Konzils von Karthago 612 die Lehrfreiheit der<br />
Laien in der Art beschränken, daß sie nur in Gegenwart des Bischofs oder auf Geheiß der Kleriker<br />
ausgeübt werden dürfe, so legt sich darin die hierarchische Idee vom Episkopat nicht mehr zu Tage,<br />
als die urchristliche Lehrfreiheit der befähigten Gemeindeglieder innerhalb der christlichen Ordnung<br />
des Amtes. – Die Beteiligung der Laien an der Sakramentsspendung wurde früher unterdrückt<br />
als die Lehrfreiheit. Schon die sogenannten Konstitutionen der Apostel untersagen die Laientaufe<br />
absolut, 613 obgleich durch einige Worte des Hieronymus <strong>und</strong> des Augustinus, welche behaupten,<br />
was der Laie empfangen könne er auch mitteilen, die ursprüngliche Überzeugung von der innerlichen<br />
Gleichheit der Gläubigen hindurchleuchtet. 614 Ganz entschieden nimmt Tertullian, in seiner<br />
vormontanistischen Schrift über die Taufe, die Spendung dieses Sakramentes für Gemeindebeamten<br />
in Anspruch, aber er legt den andern Gemeindeglieder das <strong>Recht</strong> <strong>und</strong> die Befähigung dazu ebenso<br />
ausdrücklich bei, wenn er sagt: Alioquin etiam laicis jus est, quod enim ex aequo accipitur ex aequo<br />
dari potest. 615 Allerdings ist hier immer von Nottaufe die Rede, über deren Entstehung aus der Überschätzung<br />
des Sakramentes, wir hier in keine Erörterung eingehen wollen. <strong>Ein</strong> Aberglaube hat zu<br />
dieser Durchbrechung der kirchlichen Ordnung geführt. Daß aber hiebei solche Befugnisse den Laien<br />
noch beigelegt werden konnten ist der Umstand, auf welchen wir hinweisen. Ganz dasselbe<br />
Zeugnis legt Tertullian ab für die innere Befähigung aller Christen, das Abendmahl zu verwalten.<br />
Wie Justin, <strong>und</strong> Andere so kennt auch er die Ordnung, daß die Gemeindevorsteher das heilige Mahl<br />
in der Regel leiten, aber er weiß noch nichts von der später eingedrungenen Anschauung, nach welcher<br />
nur die Ältesten die innere Fähigkeit haben sollen diesen heiligen Akt auszuführen. „Sind keine<br />
Kleriker da, sagt er vielmehr 616 dem Laien, so sei du selbst Priester <strong>und</strong> verrichte die heilige<br />
Handlung, denn wo auch nur drei Laien sind, da ist die Kirche.“ Es ist ein echt christliches, apostolisches<br />
Glaubensbewußtsein, was hier Tertullian ausspricht. Daß es gerade eine montanistische<br />
Schrift ist, in welcher diese Worte sich finden, kann nichts verschlagen, da sich unser Schriftsteller<br />
hier, gerade wie in der ebenberührten Stelle einer vormontanistischen Schrift, über eine allgemein-christliche<br />
Idee verbreitet, deren damalige Anerkennung auf der gegnerischen Seite ihm wohl<br />
bekannt war. 617<br />
Wenn nun solche Zeugnisse für die gleiche innere Berechtigung <strong>und</strong> Ausrüstung aller Christen<br />
noch auftreten in diesen Zeiten, in welchen der Hierarchismus schon mit vollen Segeln dem sichern<br />
<strong>und</strong> festen Hafen der ganz episkopalen constitutiones apostolorum zufuhr – dann ersehen wir daraus<br />
610 Const. App. VIII, 33. Ὁ διδάσκων ἐι καὶ λαικος ᾖ – διδασκέτω ἔσονται γὰρ πάντες διδάκτοι θεοῦ.<br />
611 1. s. c.<br />
612 Can. 98: Laicus praesentibus clericis nisi ipsis jubentibus docere non audeat.<br />
613 Constit. App. III, 10.<br />
614 Hieron. contra Lucif. 4: (Jus baptizandi) frequenter, si tamen necessitas cogit, scimus etiam licere laicis. Quod enim<br />
accipit quis, id et dare potest.<br />
August. contra Parm.: Si laicus aliquis pereunti dederit necessitate compulsus, quod quum ipse acceperit, dandum<br />
esse addidicit, nescio an pie quisquam dixerit esse repetendum.<br />
615 De bapt. 17.<br />
616 De exhort. cast. 7. Genauer heißt die angezogene Stelle: Vani erirmus, si putaverimus, quod sacerdotibus non liceat,<br />
laicis licera. Nonne et laici sacerdotes sumus? – – Differentiam inter ordinem et plebem constituit ecclesiae auctori -<br />
tas et honor per ordinem consessum sanctificatus. Adeo ubi ecclesiastici ordinis non est consessus et offers et tinguis<br />
et sacerdos es tibi solus. Sed ubi tres, ecclesia est, licet laici. Unusquisque enim de sua fide vivit, nec est personarum<br />
acceptio apud Deum.<br />
617 De monog. 12 ruft er den Katholiken zu: Unde enim episcopi et clerus? nonne de omnibus? si non omnes monogamiae<br />
tenentur, <strong>und</strong>e monogami in clerum? an ordo aliquis seorsum debebit institui monogamorum, de quo allectio<br />
fiat in clerum? Sed cum extollimur et inflamur adversus clerum, tunc unum omnes sumus, tunc omnes sacerdotes,<br />
quia sacerdotes nos Deo et patri fecit.