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St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2006

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<strong>St</strong>aats- <strong>und</strong> Verwaltungsrecht GVP <strong>2006</strong> Nr. 36<br />

36<br />

Art. 73 <strong>und</strong> 74 BauG (sGS 731.1). Das kantonale Recht ermächtigt die Gemeinden,<br />

eine Ersatzabgabe für einen fehlenden Kinderspielplatz zu erheben.<br />

Die konkrete Ausgestaltung der gesetzlichen Gr<strong>und</strong>lage ist dem kommunalen<br />

Recht überlassen, insbesondere die Regelung der Frage, ob die<br />

Ersatzabgabe nur bei Neubauten oder auch bei Umbauten geschuldet ist.<br />

Verwaltungsrekurskommission, Abteilung I/2, 12. Dezember <strong>2006</strong><br />

Aus den Erwägungen:<br />

3. Gegenstand des Verfahrens ist eine Ersatzabgabe für einen fehlenden Kinderspielplatz<br />

in der Höhe von Fr. 38 042.–. Diese in Frage stehende Geldleistung wird<br />

nebst den Gebühren <strong>und</strong> Beiträgen den Kausalabgaben zugeordnet. Ersatzabgaben<br />

sind finanzielle Leistungen als Ersatz für Naturallasten, von denen die Pflichtigen<br />

dispensiert werden, sofern sie bestimmte gesetzliche Voraussetzungen erfüllen<br />

(Häfelin/Müller, Gr<strong>und</strong>riss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 4. Aufl. 2002, N 2657;<br />

BGE 97 I 802 ff.; GVP 1999 Nr. 20 m.w.H.). Die Ersatzabgabe hat keinen selbständigen<br />

Charakter, sie hängt sowohl in ihrem Bestand als auch in ihrer Höhe von<br />

einer anderen Pflicht ab. Sie ist ein spezifisch am Gleichheitssatz orientiertes rechtliches<br />

Instrument, dessen Funktion auf die Schaffung eines gerechten Ausgleichs<br />

zwischen denjenigen, die eine ihnen auferlegte Primärverpflichtung erfüllen, <strong>und</strong><br />

denen, die diese Pflicht nicht erfüllen, gerichtet ist (GVP 1999 Nr. 20; Rhinow/Krähenmann,<br />

Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Basel<br />

1990, Nr. 112 B, S. 344 f.; BGE 112 Ib 367).<br />

a) Als öffentliche Abgabe bedarf die Ersatzabgabe der Gr<strong>und</strong>lage in einem formellen<br />

Gesetz. Die vom B<strong>und</strong>esgericht umschriebenen Gr<strong>und</strong>sätze sind dabei einzuhalten<br />

(BGE 120 Ia 3, 266; 121 I 235, 274 f.; 122 I 289). Delegiert das Gesetz die<br />

Kompetenz zur (rechtmässigen) Festsetzung einer Abgabe an den Verordnungsgeber,<br />

so muss es zumindest den Kreis der Abgabepflichtigen, den Gegenstand <strong>und</strong><br />

die Bemessungsgr<strong>und</strong>lage der Abgabe selber festlegen. Dem Gr<strong>und</strong>satz des Erfordernisses<br />

eines formellen Gesetzes zur Abgabenerhebung ist auch Genüge getan,<br />

wenn die wesentlichen Elemente der Abgabe in einem Gemeindeerlass geregelt<br />

sind. Auch ein Gemeindeerlass kann, mindestens funktionell, als formelles Gesetz<br />

fungieren. Dies gilt insofern, als die Rechtsetzungskompetenz hinsichtlich einer<br />

Abgabe den Gemeinden auf dem Weg der Kompetenzausscheidung zugewiesen<br />

wird (vgl. BGE 97 I 804 ff.). Kommunale Erlasse sind einem formellen Gesetz<br />

gleichgestellt, wenn sie von der nach dem kantonalen Recht ermächtigten Gemeindelegislative<br />

beschlossen wurden oder wenn der Erlass der Gemeindeexekutive<br />

dem obligatorischen oder fakultativen Referendum unterstand.<br />

b) Gemäss Art. 73 Abs. 1 BauG kann der Bauherr beim Bau von Mehrfamilienhäusern<br />

verpflichtet werden, auf seinem Gr<strong>und</strong>stück der Grösse der Überbauung<br />

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