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St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2006

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GVP <strong>2006</strong> Nr. 90 <strong>Gerichts</strong>praxis<br />

Nachlassverfahren hängig ist, Verlustscheine bestehen oder er aus anderen Gründen<br />

zahlungsunfähig erscheint. Die Zahlungsunfähigkeit ist glaubhaft zu machen<br />

(GVP 1994 Nr. 64).<br />

Mit der Generalklausel «aus anderen Gründen zahlungsunfähig erscheint» wollte<br />

der Gesetzgeber eine kasuistische Aufzählung vermeiden (Handbuch zum Zivilprozessgesetz,<br />

N 649). Die Bestimmung lehnt sich an § 105 der Aargauer Zivilprozessordnung<br />

an (Botschaft <strong>und</strong> Entwurf des Regierungsrates vom 26. April 1988, N 649).<br />

Ein Abstellen auf die Rechtsprechung des Zürcher Kassationsgerichtes, wonach<br />

sich die Zahlungsunfähigkeit aus betreibungsrechtlichen Akten in einer Unfähigkeit,<br />

fällige Verbindlichkeiten zu erfüllen, ausdrücken muss (Entscheid des Zürcher Kassationsgerichts<br />

vom 27. August 1979 in SJZ 77 [1981] N. 33, 199, E. IV/2; ZR 85<br />

[1986] Nr. 64, E. 3), ist vor diesem Hintergr<strong>und</strong> – entgegen der Auffassung des<br />

Klägers – nicht angezeigt. Auch ergibt sich Derartiges nicht aus dem vom Kläger<br />

zitierten Entscheid des Kantonsgerichts. In GVP 1992 Nr. 55 wird zwar auf die<br />

erwähnte Zürcher Praxis Bezug genommen, jedoch festgehalten, dass das Liquidationsstadium<br />

einer Aktiengesellschaft nicht mit Zahlungsunfähigkeit gleichgestellt<br />

werden könne. Auch die Kommentierung von Leuenberger/Uffer-Tobler kann nicht<br />

dahingehend verstanden werden, dass sich die Zahlungsunfähigkeit zwingend aus<br />

Akten des Betreibungsrechts ergeben muss (vgl. Leuenberger/Uffer-Tobler, Kommentar<br />

zur Zivilprozessordnung des Kantons <strong>St</strong>.Gallen, N 4b zu Art. 276 ZPO).<br />

Bei der Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit ist allein die derzeitige Lage des<br />

Kautionspflichtigen von Belang (Bühler/Edelmann/Killer, Kommentar zur aargauischen<br />

Zivilprozessordnung, 2. Auflage 1998, N 14 zu § 105). Hierzu liess der Kläger in seiner<br />

Berufungsschrift ausführen, dass seine finanzielle Situation sehr schwierig sei <strong>und</strong><br />

ihm die Mittel fehlten, um neben dem Lebensunterhalt für sich <strong>und</strong> seine Familie<br />

die Prozesskosten zu bestreiten. Zur Begründung führte er an, dass er aus seinem<br />

Betrieb kein Einkommen erziele <strong>und</strong> sämtliche – gr<strong>und</strong>sätzlich vorhandenen – Vermögenswerte<br />

der Bank abgetreten habe. Der Kläger gesteht damit ein, die Prozesskosten<br />

nicht bezahlen zu können. Auf diese Aussage ist abzustellen, auch<br />

wenn der Kläger in seiner <strong>St</strong>ellungnahme zum Gesuch der Beklagten ausführt, er<br />

sei nicht zahlungsunfähig, da er nach wie vor in der Lage sei, einen selbständigen<br />

Betrieb zu führen. Dies hat umso mehr zu gelten, als die Zahlungsfähigkeit im vorliegenden<br />

Zusammenhang nicht losgelöst von der Höhe der möglicherweise beim<br />

Kläger anfallenden Prozesskosten zu beurteilen ist. Würde dieser Aspekt ausser<br />

Betracht gelassen, so würde man dem Zweck der Kaution in keiner Weise gerecht.<br />

Diese soll nämlich den Beklagten, welcher im Gegensatz zum Kläger die Kostenrisiken<br />

dieses Prozesses nicht freiwillig auf sich nimmt, vor der Gefahr schützen,<br />

dass seine Parteikosten trotz Obsiegens an ihm hängen bleiben, weil die ihm zugesprochene<br />

Parteientschädigung sich als uneinbringlich erweist (vgl. Bernhard Berger,<br />

Gedanken zur Kautionspflicht im Zivilprozess, ZBJV Bd. 140 [2004], 278 f.). Da<br />

die Prozesskosten – wie im Folgenden noch zu zeigen sein wird – erheblich über<br />

der bereits geleisteten Einschreibgebühr liegen dürften, kann einzig auf Gr<strong>und</strong> der<br />

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