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St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2006

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<strong>St</strong>aats- <strong>und</strong> Verwaltungsrecht GVP <strong>2006</strong> Nr. 125<br />

fallen unter Art. 88 Abs. 1 lit. c VRP die Fälle der materiellen Rechtsverweigerung<br />

(W. E. Hagmann, Die st.<strong>gallische</strong> Verwaltungsrechtspflege <strong>und</strong> das Rechtsmittelverfahren<br />

vor dem Regierungsrat, Diss. Zürich 1979, 100).<br />

Die Rechtsverweigerungsbeschwerde ist zulässig innert dreissig Tagen, nachdem<br />

der Betroffene vom Beschwerdegr<strong>und</strong> Kenntnis erhalten hat (Art. 90 Abs. 1<br />

VRP). Die Beschwerde, mit der eine ungerechtfertigte Verzögerung einer Amtshandlung<br />

geltend gemacht wird, ist an keine Frist geb<strong>und</strong>en (Art. 90 Abs. 2 VRP).<br />

Es ist Sache des Beschwerdeführers, die Rechtzeitigkeit der Beschwerde nachzuweisen.<br />

b) Die Beschwerdeführer machen in erster Linie geltend, die Bewilligung vom<br />

14. Oktober 2004 für eine Projektänderung sei in Verletzung ihrer Verfahrensrechte<br />

erteilt worden.<br />

aa) Diese Rüge kann mit Rekurs gegen die Bewilligung vom 14. Oktober 2004<br />

geltend gemacht werden, weshalb insoweit die Rechtsverweigerungsbeschwerde<br />

nicht zur Verfügung steht. Dem steht nicht etwa die formelle Rechtskraft der fraglichen<br />

Bewilligung entgegen. Nach der Rechtsprechung des B<strong>und</strong>esgerichtes liegt<br />

nämlich in der Tatsache, dass ein Bauprojekt oder wesentliche Abänderungen desselben<br />

nicht öffentlich aufgelegt <strong>und</strong> publiziert werden sowie in der Verletzung der<br />

Anzeigepflicht gegenüber Betroffenen bei vereinfachten Baubewilligungsverfahren,<br />

eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs gegenüber den Einspracheberechtigten.<br />

Ihnen darf aus der mangelhaften bzw. fehlenden Eröffnung kein Rechtsnachteil<br />

erwachsen, weshalb sie befugt sind, ein Rechtsmittel noch innerhalb der ordentlichen<br />

Frist seit dem Zeitpunkt, in dem von der Verfügung Kenntnis genommen<br />

werden konnte, einzureichen. In solchen Fällen ist die formelle Rechtskraft der<br />

mangelhaft eröffneten Verfügung daher zunächst eine bloss scheinbare oder «hinkende»,<br />

wie Lehre <strong>und</strong> Rechtsprechung seit jeher angenommen haben. Nach Treu<br />

<strong>und</strong> Glauben darf indessen ein Betroffener den Beginn des Fristenlaufs nicht beliebig<br />

hinauszögern, wenn er einmal von der ihn berührenden Verfügung Kenntnis erhalten<br />

hat, sondern es ist ihm dann zuzumuten, dafür besorgt zu sein, den Inhalt<br />

der Verfügung zu erfahren. Er hat sich danach zu erk<strong>und</strong>igen, wenn Anzeichen für<br />

die Erteilung einer Baubewilligung vorliegen (BGE 107 Ia 76; ZBl 85 [1984], S. 426,<br />

je mit Hinweisen).<br />

bb) Im vorliegenden Fall bestanden für die Beschwerdeführer erst im Zeitpunkt<br />

der Ausschalung des Untergeschosses (30. August 2005) Anzeichen dafür, dass<br />

offenbar eine Projektänderung bewilligt worden war. Die unter falscher Adressangabe<br />

im November 2004 erfolgte Publikation der Projektänderungsbewilligung auf<br />

der Homepage der Gemeinde kann ihnen jedenfalls nicht entgegengehalten werden,<br />

umso mehr als eine Homepage nicht als amtliches Publikationsorgan zugelassen<br />

ist (Art. 7 Abs. 2 GG). In der Folge erk<strong>und</strong>igten sie sich unverzüglich bei der zuständigen<br />

Behörde, <strong>und</strong> diese bestätigte den Sachverhalt mit Schreiben vom 7. September<br />

2005. Die in diesem Punkt als Rekurs entgegenzunehmende Rechtsverweigerungsbeschwerde<br />

vom 13. September 2005 erfolgte mithin in jedem Fall innert<br />

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