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St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2006

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GVP <strong>2006</strong> Nr. 64 <strong>Gerichts</strong>praxis<br />

zu übernachten. Dieses Entgegenkommen habe er fortan ausgenützt <strong>und</strong> sei immer<br />

wieder in der Wohnung erschienen.<br />

Der Ehemann nimmt an, die Trennung sei schon nach wenigen <strong>St</strong><strong>und</strong>en, bei der<br />

ersten Rückkehr dahingefallen. Jedenfalls sei sie mit dem zweiten Aufenthalt definitiv<br />

aufgegeben worden. Von einer Wiederaufnahme des gemeinsamen Haushalts<br />

kann allerdings erst gesprochen werden, wenn beide Ehepartner den klaren Willen<br />

haben, ihre Gemeinschaft nochmals aufzunehmen, <strong>und</strong> tatsächlich vorbehaltlos für<br />

unbestimmte Zeit wieder zusammenleben (Hasenböhler/Opel, Basler Kommentar,<br />

N 12 zu Art. 179 ZGB; Hausheer/Reusser/Geiser, N 15a zu Art. 179 ZGB; S. Bachmann,<br />

Die Regelung des Getrenntlebens, Diss. <strong>St</strong>.Gallen 1995, 247). Das muss<br />

ernst gemeint <strong>und</strong> auf Dauer angelegt sein (V. Bräm, Zürcher Kommentar, N 47 zu<br />

Art. 179 ZGB). Daran fehlt es, wenn die Eheleute nur auf Zusehen hin zusammenbleiben<br />

(OGer ZH, ZR 1994 Nr. 126) oder auf Probe wieder zusammenziehen (BGE<br />

42 I 97; 68 II 246; 88 II 138). Es genügt vor allem nicht, wenn ein Ehegatte sich<br />

dem anderen aufdrängt, während dieser das vorerst tatenlos hinnimmt <strong>und</strong> darauf<br />

verzichtet, ihn auszusperren.<br />

Ist die Wiederaufnahme der Wohngemeinschaft umstritten, so liegt die Beweislast<br />

bei demjenigen Ehegatten, der geltend macht, die Eheschutzmassnahme sei<br />

aufgehoben, <strong>und</strong> daraus das Recht ableitet, sich in den Räumen, welche dem<br />

anderen zur alleinigen Benützung zugewiesen wurden, aufhalten zu dürfen. Er<br />

muss die Wiedervereinigung zumindest glaubhaft machen können (Hausheer/Reusser/<br />

Geiser, Berner Kommentar N 15a zu Art. 179 ZGB) <strong>und</strong> das ist dem Ehemann<br />

nicht gelungen. Seine Erklärung, er sei auf Wunsch der Frau zurückgekehrt <strong>und</strong> in<br />

ihrem Einverständnis geblieben, ist entschieden weniger glaubwürdig als die Darstellung<br />

der Ehefrau, sie habe ihn nur aus Mitleid vorübergehend nochmals bei sich<br />

aufgenommen <strong>und</strong> dann nicht mehr loswerden können, die immerhin durch eine<br />

schriftliche Abmachung bekräftigt wird. Im Übrigen würde ein erst wenige Wochen<br />

andauernder Versuch des Zusammenwohnens ohnehin nicht ausreichen, um die<br />

Trennungsordnung als überholt zu bezeichnen. Gerade dann, wenn der Ehemann –<br />

wie er selbst beschreibt – ein Leben wie «in einer Drehtür» führte, wäre es unverhältnismässig,<br />

die Regelung des Getrenntlebens nach so kurzer Zeit aufzugeben<br />

<strong>und</strong> damit den Eheleuten zuzumuten, beim nächsten Anlass wieder den Eheschutzrichter<br />

anrufen zu müssen (R. Vetterli, FamKomm Scheidung, N 5 zu Art. 179<br />

ZGB). Das darf erst geschehen, wenn wenigstens dem äusseren Anschein nach<br />

der eheliche Alltag wieder eingekehrt ist (Hasenböhler/Opel, Basler Kommentar,<br />

N 11 zu Art. 179 ZGB), <strong>und</strong> auf eine solche Normalität deutet in dieser nach wie vor<br />

angespannten <strong>und</strong> instabilen Situation nichts hin.<br />

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