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St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2006

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GVP <strong>2006</strong> Nr. 127 <strong>Verwaltungspraxis</strong><br />

Schätzverfahren der Neuwert, der Zeitwert <strong>und</strong> der Verkehrswert des versicherten<br />

Gebäudes festzustellen sind <strong>und</strong> dabei die Schätzung sich auf das Gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

zu beschränken hat. Den Gebäudeschätzer, der keineswegs bezüglich sämtlicher<br />

denkbaren Bauvorgänge Fachmann ist, trifft keine Pflicht zur Nachforschung nach<br />

nicht offensichtlichen (versteckten) Mängeln <strong>und</strong> Beantragung des Ausschlusses<br />

solcher Gebäudeteile von der Versicherung. Mit ihrer Argumentation vermengt die<br />

Rekurrentin denn wiederum zwei unterschiedliche Fragestellungen: Wäre vorliegend<br />

das Gebäude bis auf die Gr<strong>und</strong>mauern abgebrannt, hätte die Rekurrentin gemäss<br />

Art. 57 Abs. 1 GVG bei Wiederaufbau innert dreier Jahre zum bisherigen Zweck die<br />

Wiederherstellungskosten ersetzt erhalten, <strong>und</strong> es wäre kein Abzug von der Versicherungsleistung<br />

wegen der Mangelhaftigkeit der Dachfolie erfolgt. Ein solcher<br />

Abzug wäre nämlich dann ein «Einbruch» in die Neuwertversicherung (Ersatz der<br />

Wiederherstellungskosten), da diesfalls der Zeitwert <strong>und</strong> nicht die Wiederherstellungskosten<br />

des einzelnen Gebäudeteils der Versicherungsleistung zugr<strong>und</strong>e<br />

gelegt würde. Vorliegend aber geht es um die Fragestellung, ob aufgr<strong>und</strong> eines an<br />

sich versicherten Ereignisses, welches nicht Hauptursache für den geltend gemachten<br />

Schaden an einem Gebäudebestandteil war, überhaupt Versicherungsdeckung<br />

besteht. Mit der gleichen Argumentation könnte die Rekurrentin auch vortragen,<br />

dass ein Gebäudeschaden aus einem Kanalisationsrückstau aufgr<strong>und</strong><br />

hohen Wasserstandes zu einer Versicherungsleistung führen müsse, da Hochwasser<br />

ein versichertes Ereignis sei, sie hierfür Prämie bezahlt <strong>und</strong> die Versicherung<br />

diese einkassiert habe.<br />

…<br />

3.Vorliegend handelt es sich um ein (xxxx-)Foliendach, welches, nach Angabe<br />

der Rekurrentin (. . .) 24 Jahre alt war. Unbestritten ist, dass nach einem Hagelgewitter<br />

Beschädigungen der Dachfolie der Vorinstanz gemeldet worden sind.<br />

a) Art. 8 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (SR 210, abgekürzt ZGB) sieht<br />

vor, dass derjenige, welcher ein Recht behauptet, die Sachumstände zu beweisen<br />

hat, die nach dem massgebenden Rechtssatz diese Rechtsfolgen erzeugen. Dieser<br />

Gr<strong>und</strong>satz gilt im Privatversicherungsrecht. Demnach sind Personen, die gegenüber<br />

einem Versicherer einen Versicherungsanspruch erheben, im Sinne von Art. 8<br />

ZGB bezüglich der Frage, ob ein Versicherungsfall eingetreten ist, gr<strong>und</strong>sätzlich behauptungs-<br />

<strong>und</strong> beweispflichtig bzw. trägt der Versicherte die Rechtsfolge der Unbewiesenheit,<br />

der Beweislosigkeit. Behauptet der Versicherer indessen eine die<br />

Leistungspflicht ausschliessende oder herabsetzende Tatsache, ist es an ihm, diese<br />

zu beweisen. Diese Beweislastverteilung gilt auch im öffentlichen Gebäudeversicherungsrecht,<br />

namentlich bei der Anwendung von Art. 31 Ziff. 3 GVG (vgl. GVP<br />

2003 Nr. 42, S. 125 mit weiteren Hinweisen).<br />

Aus beweisrechtlicher Sicht trägt nach dem eben Ausgeführten die Rekurrentin<br />

die Beweislast lediglich für den Schaden <strong>und</strong> das versicherte Ereignis. An sich<br />

müsste sie zusätzlich beweisen – weil sie daraus Rechte ableitet –, dass der Schaden<br />

auf das versicherte Ereignis tatsächlich auch zurückgeht. Es ist aber im Ver-<br />

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